2/4 06/2023 - 159. AL

2/4.1 Unbeachtlicher Motivirrtum bei Ausschlagung eines Erbes

BGH, Beschluss vom 22.03.2023 - IV ZB 12/22

Leitsatz des Gerichts

Irrt sich der eine Erbschaft Ausschlagende bei Abgabe seiner Erklärung über die an seiner Stelle in die Erbfolge eintretende Person, ist dies nur ein Irrtum über eine mittelbare Rechtsfolge der Ausschlagungserklärung aufgrund anderer rechtlicher Vorschriften. Ein solcher Motivirrtum berechtigt nicht zur Anfechtung gemäß §  119 Abs.  1 erste Alternative BGB.

Sachverhalt

Die Beteiligten erstreben eine Klärung der Erbfolge im Erbscheinsverfahren.

Der Erblasser ist am 03.07.2018 verstorben, ohne eine letztwillige Verfügung von Todes wegen zu hinterlassen. Die Beteiligte zu 1) ist die Witwe des Erblassers, der Beteiligte zu 2) ein gemeinsames Kind. Sämtliche Abkömmlinge des Erblassers schlugen durch notariell beglaubigte Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht die Erbschaft aus. Die fristgerecht beim Nachlassgericht eingegangene Erklärung des Beteiligten zu 2) lautet auszugsweise wie folgt:

"Ich, ... schlage die Erbschaft hiermit aus allen in Betracht kommenden Gründen aus"