Grundsicherung bei gescheiterter Bedarfsgemeinschaft

Obliegenheitsverletzungen können nach einer gescheiterten Bedarfsgemeinschaft nur zu Lasten von SGB II-Leistungsbeziehern gehen, wenn sie ihnen auch zurechenbar sind. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Im Streitfall hatten sich Ehepartner getrennt. Das Jobcenter wertete einen vom Ehemann und Vater unterlassenen Nachweis über dessen Einkünfte trotzdem zu Lasten von Ehefrau und Kind.

Darum geht es

Streitig war die abschließende Festsetzung einer SGB II-Leistungsbewilligung für die Monate November 2018 bis April 2019 „auf Null“ sowie die Erstattung der für die Kläger (Mutter und Sohn) vorläufig erbrachten Leistungen.

Die Kläger (Mutter und Sohn) bildeten im Leistungszeitraum zusammen mit dem Ehemann der Klägerin bzw. dem Vater des Klägers eine Bedarfsgemeinschaft. Dieser war zu jener Zeit selbständig erwerbstätig. Im Mai 2019 trennten sich die die Eheleute. 

Nachdem der Ehemann der Klägerin bzw. der Vater des Klägers nach einer gesetzten Frist keine weiteren Unterlagen zu seinen Einkünften aus der selbständigen Erwerbstätigkeit vorgelegt hatte, setzte der Beklagte den Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum „auf Null“ fest. 

Zugleich machte der Beklagte eine Erstattungsforderung in Höhe von rund 4.300 € geltend. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos. 

Die Klägerin hatte u.a. vorgebracht, sich unmittelbar nach dem Ende des Bewilligungszeitraums von E getrennt und keinen Einblick in dessen Geschäftsunterlagen zu haben. 

Das Sozialgericht hat der Klage stattgegeben und die Bescheide wegen einer fehlerhaften Rechtsfolgenbelehrung durch den Beklagten aufgehoben. Der Berufung des Beklagten hat das Landessozialgericht stattgegeben und die Klage abgewiesen. 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Kläger waren mit ihren Revisionen beim Bundessozialgericht im Wesentlichen erfolgreich. 

Die abschließende Festsetzung der Leistungen der Kläger für den Zeitraum vom 01.11.2018 bis 30.04.2019 „auf Null“ war rechtswidrig.

Anders als das Landessozialgericht sieht das Bundessozialgericht keine Rechtfertigung, bei einer Obliegenheitsverletzung des Ehemanns und Vaters auch gegenüber den Klägern festzustellen, dass ein Leistungsanspruch nicht besteht. 

Dies macht bereits der Wortlaut des § 41a Absatz 3 Sätze 3 und 4 SGB II deutlich, der an eine im Zeitpunkt der abschließenden Festsetzung bestehende Bedarfsgemeinschaft anknüpft. 

Systematisch kann nach deren Auflösung nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die an diese Gemeinschaft geknüpfte Erwartung des „Füreinandereinstehenwollens“ weiterhin funktioniert. 

Ein Leistungsanspruch besteht daher in der Höhe, wie vorläufig Leistungen bewilligt waren, wenn nicht, wie hier, höheres Einkommen feststeht. 

Dieses Ergebnis ist insbesondere mit Blick auf die Rechtsfolgen einer Fiktionswirkung in § 41a Absatz 5 SGB II systemgerecht.

BSG, Urt. v. 13.12.2023 - B 7 AS 24/22 R

Quelle: BSG, Pressemitteilung v. 13.12.2023 und Terminmitteilung v. 11.12.2023

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