Weitere Änderungen durch die BRAO-Reform

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Bürogemeinschaft

Derzeit bestehen für eine Bürogemeinschaft von Rechtsanwälten mit Angehörigen anderer Berufsgruppen nach § 59a Abs. 3 BRAO die gleichen Voraussetzungen wie für die berufliche Zusammenarbeit nach § 59a Abs. 1 S. 1 BRAO.

Hiernach ist Rechtsanwälten derzeit eine Bürogemeinschaft mit Patentanwälten, Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern sowie vereidigten Buchprüfern gestattet.

Der Gesetzentwurf sieht nunmehr eine eigenständige Regelung für die Bürogemeinschaft in § 59q BRAO-E vor.

Nach der neu eingeführten Definition der Bürogemeinschaft ist dies eine Verbindung von Rechtsanwälten zu einer Gesellschaft,die der gemeinschaftlichen Organisation der Berufstätigkeit der Gesellschafter unter gemeinschaftlicher Nutzung von Betriebsmitteln dient, jedoch nicht selbst als Vertragspartner von rechtsanwaltlichen Mandatsverträgen auftreten soll“.

Bürogemeinschaften dienen hierbei nicht der gemeinschaftlichen Berufsausübung, sondern einer gemeinsamen Organisation des Berufs, bei der Betriebsmittel wie z.B. Räume, EDV-Anlagen und gegebenenfalls auch personelle Ressourcen geteilt werden. Im Gegensatz zur Berufsausübungsgesellschaft wird die Bürogemeinschaft nicht Vertragspartnerin des Mandatsvertrages. [1]

Auch soll der Personenkreis, mit dem eine Bürogemeinschaft eingegangen werden kann, künftig nicht mehr auf die Angehörigen der Berufsgruppen beschränkt werden, mit denen eine gemeinschaftliche Berufsausübung in einer Berufsausübungsgesellschaft nach §§ 59b, 59c BRAO-E gestattet ist.

Eine Bürogemeinschaft soll mit allen Personen eingegangen werden können, sofern die Verbindung mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängigem Organ der Rechtspflege, nicht unvereinbar ist und nicht geeignet ist, das Vertrauen in seine Unabhängigkeit zu gefährden.

Die anwaltlichen Berufspflichten gelten bei beruflicher Zusammenarbeit in einer Bürogemeinschaft für die nichtanwaltlichen Personen entsprechend. Die nichtanwaltlichen Personen unterliegen überdies selbst der Verschwiegenheitspflicht.

Diese uneingeschränkte Freigabe der Zusammenarbeit in einer Bürogemeinschaft wird seitens der Rechtsanwaltschaft ausdrücklich abgelehnt, da dies nach dortiger Auffassung mit der Stellung des Rechtsanwalts unvereinbar sei und sein Ansehen als Organ der Rechtspflege in der Wahrnehmung des rechtsuchenden Publikums nachhaltig schädigen und das Schutzniveau gefährden würde. [2]

Auch sofern der Gesetzentwurf die Verpflichtung aller Bürogemeinschaftsmitglieder zur Beachtung der Berufspflichten vorsieht, ist gegen die Regelung – ebenso wie zu der beabsichtigten Erweiterung der Soziierungsmöglichkeiten – einzuwenden, dass die tatsächliche Einhaltung der anwaltlichen Grundpflichten, insbesondere durch Personen, die in ihrem eigentlichen Beruf keinen Verpflichtungen in vergleichbarem Umfang unterliegen, praktisch schwer umsetzbar sein und dem Selbstverständnis manchen Berufs entgegenlaufen dürfte.

Auch ist eine Bürogemeinschaft – im Gegensatz zu einer Büroausübungsgesellschaft – kein Mitglied der Kammer und somit ohnehin einer Einflussnahme und Berufsaufsicht entzogen.

Vor diesem Hintergrund sollte auch eine Bürogemeinschaft von Rechtsanwälten nur mit Angehörigen der Berufsgruppen eingegangen werden dürfen, mit denen auch eine gemeinschaftliche Berufsausübung in einer Berufsausübungsgesellschaft nach §§ 59b, 59c BRAO-E gestattet ist, d.h. auch nur Angehörigen von Berufsgruppen, die unter der Berufsaufsicht einer Berufskammer stehen, einer strengen Pflicht zur Verschwiegenheit unterfallen und zugleich ein Zeugnisverweigerungsrecht haben.

Öffentlichkeit der berufsgerichtlichen Verfahren

Die Vorschriften des § 135 BRAO, des § 120 PAO, des § 122 StBerG und des § 99 WPO, nach denen die Hauptverhandlung vor den jeweiligen Berufsgerichten derzeit nicht öffentlich ist, sollen aufgehoben werden.

Diese Vorschrift steht nach der Gesetzesbegründung [3] im Gegensatz zu dem Grundsatz, dass in der Bundesrepublik Deutschland Gerichtsverfahren insbesondere zur Wahrung der Transparenz grundsätzlich öffentlich sind. Besondere Gründe, die Ausnahmen für die Verhandlungen vor den Berufsgerichten rechtfertigen könnten, seien nicht (mehr) gegeben, zumal auch bei den vergleichbaren Berufen sowie in verwaltungsrechtlichen Verfahren nach der BRAO, der PAO und dem StBerG die gerichtlichen Verfahren inzwischen öffentlich sind.

Der Schutz sensibler Inhalte in den berufsgerichtlichen Verfahren könne – wie in allen anderen Verfahren – über die §§ 171b und 172 GVG erfolgen, nach denen die Öffentlichkeit vom Gericht für bestimmte Teile der Hauptverhandlung ausgeschlossen werden kann.

Stimmverteilung Hauptversammlung der BRAK

Nach derzeitiger Regelung des § 190 BRAO hat jede der 28 Rechtsanwaltskammern unabhängig von ihrer Größe eine Stimme.

Bei der Einführung der Vorschrift wurde davon ausgegangen, dass eine Stimmengleichheit erforderlich sei, da die Rechtsanwaltskammern als Mitglieder ohne Rücksicht auf die Anzahl ihrer eigenen Mitglieder gleich behandelt werden müssen.

Gegen diese Stimmenverteilung wurden auch in der Vergangenheit bereits verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. [4]

Die Gesetzesbegründung stellt diese gleiche Stimmverteilung unter Hinweis auf die erheblichen Größenunterschiede der Rechtsanwaltskammern zwischen 40 und 22.269 Mitgliedern unter demokratischen Gesichtspunkten in Frage und sieht im Rahmen der Reform eine neue Stimmverteilung bzw. eine neue Gewichtung der Stimmen gemessen an der Mitgliederzahl vor.

So soll z.B. die Stimme einer Rechtsanwaltskammer mit bis zu 1.000 Mitgliedern künftig einfach, die Stimme einer Rechtsanwaltskammer mit bis zu 9.000 Mitgliedern fünffach zählen. Maßgeblich sollen die jeweils zum 1. Januar des Jahres ermittelten Mitgliederzahlen sein.


[1] BR-Drucks. 55/21, S. 236.

[2] BRAK-Stellungnahme 11/2021, S. 9.

[3] BR-Drucks. 55/21, S. 156.

[4] Henssler/Prütting/Hartung, BRAO, 5. Auflage, § 190 Rn. 2 ff.

Diana Pflüger, Dipl.-Rechtspflegerin (FH), Düsseldorf

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