Eigenbedarf: Vermieter muss Nutzungsinteresse nachweisen

Der Vermieter muss im Fall einer Kündigung wegen Eigenbedarfs die beachtlichen Kündigungsgründe hinreichend nachweisen. Dazu gehört ein vernünftiges und nachvollziehbares Nutzungsinteresse. Zwar kann die Verwaltung von Wohneigentum aus räumlicher Nähe ein solches Nutzungsinteresse begründen, nicht aber allein eine Arbeitsplatzsuche. Das hat das Amtsgericht München entschieden.

Darum geht es

Mit Mietvertrag vom 12.09.1977 bewohnt der Beklagte mit seiner Ehefrau die vom Kläger 2015 ererbte Wohnung. Mit Schreiben vom 21.03.2019 erklärte der Kläger den Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses zum nächstmöglichen Termin.

Die Kündigung wurde damit begründet, dass der Kläger die streitgegenständliche Wohnung für sich und seine Ehefrau benötige. Er sei im Dezember 2018 überraschend arbeitslos geworden und habe die Suche nach Arbeit auf den Raum München ausgedehnt.

Zudem sei er Eigentümer des gesamten Anwesens mit über 15 Wohnungen und Gewerbeeinheiten geworden, die er selbst betreue und verwalte. Hierfür sei die Nähe zu den Objekten erforderlich.

Vor Gericht beruft sich der Kläger darauf, als ärztlicher Gutachter an seinem bisherigen Wohnort keine Arbeit finden zu können.

In München gebe es eine größere Auswahl an möglichen Arbeitgebern. Für seine Anwesen, zu denen auch die Wohnung der Beklagten gehöre, stünden in den nächsten Jahren auch aufgrund städtischer Auflagen Baumaßnahmen an. Die Wohnung der Beklagten habe einen Kachelofen und sei sehr hell und schön geschnitten, weswegen man sich für diese Wohnung entschieden habe.

Im ersten Verhandlungstermin erklärt der Vermieter, in dem Haus aufgewachsen zu sein und zuletzt 10 Jahre in München gearbeitet zu haben. Das Pendeln von seinem jetzigen 5-Zimmer-Haus habe ihm aber gesundheitliche Probleme bereitet, so dass man übereinstimmend Ende 2018 seinen Arbeitsvertrag aufgehoben habe. Er habe nun eine Stelle beim selben Arbeitgeber mündlich in Aussicht gestellt bekommen. Offiziell beworben habe er sich aber noch nicht.

Seine Ehefrau erklärt in ihrer Zeugeneinvernahme, sich gerne von dem 200 qm Haus auf eine kleinere Drei-Zimmer-Wohnung beschränken zu wollen: der viele Besitz sei letztlich nur Ballast.

Das viele Pendeln sei ihrem Mann zu stressig und zu einer Gesundheitsbelastung geworden, er habe teilweise zur Meidung des Berufsverkehrs schon um 5:30 h das Haus verlassen. Es habe auch Disharmonien mit damaligen Kollegen gegeben.

Die Beklagten tragen vor, sehr mit dem Viertel verbunden zu sein. Man habe sich bereits nach Ersatzwohnraum umgesehen. Mieten von 2.000 € könne man sich aber als Rentner nicht leisten.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht München hat die Klage gegen ein Münchner Rentnerehepaar auf Räumung ihrer Drei-Zimmer-Mietwohnung und Herausgabe an den auf Eigenbedarf klagenden Vermieter abgewiesen.

Voraussetzung für eine Eigenbedarfskündigung ist, dass in einer dem privilegierten Personenkreis zuzuordnende Person der ernsthafte und realisierbare Wille zur Eigennutzung vorliegt und die Person die Wohnung auch tatsächlich benötigt.

Soweit der Kläger die Kündigung damit begründet, er benötige die Wohnung für die Arbeitsplatzsuche, handelt es sich nicht um ein vernünftiges Nutzungsinteresse.

Es kann objektiv nicht als vernünftig betrachtet werden, allein für die Suche einer Arbeit, für die nur eine Handvoll Arbeitgeber zur Auswahl stehen, einen Umzug vorzunehmen.

Denn im Rahmen der Suche bietet dies allein für den kürzeren Weg zu Bewerbungsgesprächen einen Vorteil, der jedoch in keinerlei Verhältnis zum Aufwand eines Umzugs steht.

Eine größere Nähe zum Arbeitsplatz sei im Kündigungsschreiben nicht als Kündigungsgrund benannt worden, eine solche Arbeitsstelle existiere auch noch nicht.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt der Wunsch, Wohneigentum aus räumlicher Nähe zu verwalten, durchaus ein vernünftiges und nachvollziehbares Nutzungsinteresse dar.

Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass es dem Kläger angenehmer ist, nicht zweimal wöchentlich zu den verwalteten Objekten in die Stadt zu fahren, vor allem, wenn Baumaßnahmen anstehen, die mehr Termine vor Ort erforderlich machen.

Das Gericht hält es für durchaus möglich und keinesfalls abwegig, dass der Sachverhalt genauso zutrifft, wie vom Kläger und dessen Ehefrau vorgetragen.

Nämlich, dass sie tatsächlich zur Vermeidung langer Wege zu Arbeitsstelle und selbstverwaltetem Wohneigentum wieder nach München ziehen wollen und der Kläger tatsächlich eine neue Stelle so gut wie sicher in Aussicht hat.

Allein, eine volle, für eine entsprechende Verurteilung ausreichende Überzeugung konnte sich das Gericht nicht bilden. Dazu hätten sich hinsichtlich der übrigen im Kündigungsschreiben benannten Gründe im Zuge der Verhandlung zu viele Widersprüchlichkeiten und Zweifel ergeben.

Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 24.08.2020 - 423 C 5615/20

Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 04.06.2021

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