Eigenbedarfskündigung: Nachweis des Überlassungs- und Nutzungswillens

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs setzt den Nachweis eines ernsthaften Überlassungs- und Nutzungswillens voraus. Das hat das Amtsgericht München entschieden und die Räumungsklage eines Vermieters abgewiesen. Das Gericht zweifelte sowohl am Überlassungswillen des Vermieters als auch am tatsächlichen Nutzungsinteresse seines Sohnes, der angeblich die Wohnung beziehen wollte.

Darum geht es

Der klagende Vermieter, der noch über zwei weitere seit 2010 und 2016 vermietete Wohnungen verfügt, war noch kurz mit der Beklagten liiert, als er ihr und deren nun 18jährigen Tochter diese Wohnung 2011 mietweise zur Verfügung stellte.

Auf Eigenbedarf seines 22jährigen Sohnes gestützt kündigte er der Beklagten schriftlich am 26.02.2017 zum 31.08.2017. Dieser verliere seine Wohnung in dem zum Abriss anstehenden Miethaus und wolle mit einem Freund oder seinem Bruder in diese väterliche Wohnung einziehen. Ihm sei auch bereits gekündigt.

Die Beklagte erhob am 12.04.2017 schriftlich Widerspruch gegen die Kündigung und begründete ihn damit, dass sie die Kündigung schon mangels konkreter Darlegung des Kündigungsgrundes für formal unwirksam halte. Sie finde auch nicht kurzfristig bezahlbaren Ersatzwohnraum in vergleichbarer Größe, zumal ihre Tochter bis zum Ende ihrer Ausbildung darauf angewiesen sei, bei ihr zu wohnen.

Der Sohn des Klägers erklärte in seiner Zeugenaussage, dass er im letzten Jahr von seinem Vermieter den Hinweis bekommen habe, er müsse so langsam aus der dortigen Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung raus, weil das Haus abgerissen werden solle. Er habe keine schriftliche Kündigung erhalten, sondern es wurde ihm mündlich so von seinem Vermieter mitgeteilt.

Das Gespräch mit dem Vater über eine Lösung seines Wohnungsproblems sei etwa im Mai oder Juni 2017 geführt worden. Er solle nach dem Einzug dem Vater Miete zahlen, über deren Höhe noch nicht geredet worden sei. Bislang komme der Vater für seine Miete auf. Er wolle auch nach seinem Studium weiter in München leben, verdiene derzeit selbst etwa 450 € aus einem Nebenjob.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab im Ergebnis der Beklagten Recht und wies die Klage gegen die Mieterin auf Räumung der von ihr gemieteten Drei-Zimmer-Wohnung in München und Herausgabe an den auf Eigenbedarf klagenden Vermieter ab.

Die Kündigung sei zwar formal wirksam, da der Kläger die der Kündigung zugrundeliegenden „Kerntatsachen“ ausreichend bezeichnet habe. Das Gericht ist aber weder hinreichend davon überzeugt, dass ein ernsthafter Überlassungswille besteht, noch ist es hinreichend davon überzeugt, dass der Zeuge tatsächlich einen Nutzungswillen hat.

Der Überlassungswille muss (bereits) zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bestehen. Der Zeuge hat - aus Sicht des Gerichts durchaus unvoreingenommen und glaubhaft - ausgesagt, dass er das Gespräch mit dem Kläger über eine Lösung seiner Wohnsituation im Mai, Juni 2017 geführt habe, wie er glaubt.

Daraus folgt jedoch, dass der Kläger die Kündigung zu einem Zeitpunkt ausgesprochen hat, in dem er mit seinem Sohn noch gar nicht konkret besprochen hatte, ob dieser in die streitgegenständliche Wohnung ziehen wollte oder nicht. Es gilt, dass der Vermieter vor der Kündigung klären muss, ob seine Angehörigen umzugsbereit sind. Anderenfalls ist der Überlassungswille ungewiss und die Kündigung unwirksam.

Das Gericht ist nach der Vernehmung des Zeugen nicht hinreichend davon überzeugt, dass der Zeuge tatsächlich in die streitgegenständliche Wohnung einziehen will.

Er hatte weder konkrete Vorstellungen davon, in welcher Höhe für die streitgegenständliche Wohnung Miete an den Kläger zahlen sollte, obwohl für ihn die Zahlung per se selbstverständlich war, noch hatte er sich Gedanken über die konkrete Nutzung - wie beispielsweise eine Verteilung der Zimmer bei der von ihm erwähnten WG oder bei einer Mitnutzung durch seinen Bruder - gemacht, noch hatte er sich Gedanken zur Einrichtung der Wohnung gemacht, wobei letzteres auch im Hinblick auf das Alter des Zeugen für das Gericht in gewisser Weise noch nachvollziehbar ist.

Die fehlenden Vorstellungen zur konkreten Ausgestaltung eines Mietverhältnisses und zur Nutzung der Wohnung lassen das Gericht jedoch an dem tatsächlichen Nutzungsinteresse des Zeugen erheblich zweifeln, denn es liegt aus Sicht des Gerichts nahe, dass sich ein Student mit Anfang 20 über diese Themen nähere Gedanken macht und beispielsweise das Thema Miethöhe auch mit seinem Vater bespricht, wenn er ernsthaft an der Nutzung der Wohnung interessiert.

Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 13.04.2018 - 433 C 16581/17

Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 29.03.2019

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