§ 142 StPO: Alles über die Zuständigkeit und das Bestellungsverfahren bei der Pflichtverteidigung

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Neuer Gesetzestext:

§ 142 Zuständigkeit und Bestellungsverfahren

(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.

(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.

(3) Über die Bestellung entscheidet

  1. das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht;
  2. in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist;
  3. nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.

(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.

(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.

Grundsätzliches

Der Antrag ist im Ermittlungsverfahren bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens anzubringen. Ausreichend ist ein mündlicher Antrag. Die Staatsanwaltschaft muss den Antrag, soweit sie nicht aufgrund besonderer Eilbedürftigkeit selbst über den Antrag entscheidet, dem zur Entscheidung gemäß § 142 Abs. 3 StPO zuständigen Gericht zur Entscheidung vorlegen.

Dabei hat sie eine Stellungnahme dazu abzugeben, ob aus ihrer Sicht die Voraussetzungen notwendiger Verteidigung gegeben sind, gegebenenfalls auch dazu, ob der Beschuldigte bereits einen Verteidiger hat.

Dies gilt auch, wenn der Antrag bei der Polizei gestellt wurde, etwa in den Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft noch nicht über das Verfahren informiert war. Die Polizei ist in diesem Fall gehalten, den Antrag (in besonderen Eilsituationen gegebenenfalls auch mündlich) unverzüglich der Staatsanwaltschaft weiterzuleiten, die dann wie beschrieben verfährt.

Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag bei dem Gericht anzubringen, das nach § 142 Abs. 3 StPO für die Entscheidung zuständig ist.

Die Zuständigkeit für die Bestellung des Pflichtverteidigers wurde in wichtigen Teilen neu gefasst. Inhaltlich entspricht die Regelung im Wesentlichen dem vorherigen Recht, das die Zuständigkeit in § 141 Abs. 3 StPO a.F. regelte.

Die Reihenfolge der Zuständigkeitsregelungen wurde im Einklang mit der Betonung der Vorverlagerung der Pflichtverteidigerbestellung allerdings umgekehrt, sodass zuerst die Zuständigkeiten im Ermittlungsverfahren und danach die Zuständigkeit für die Bestellung nach Anklageerhebung geregelt ist.

Neu ist die Einführung einer Eilzuständigkeit der Staatsanwaltschaft für die Bestellung des Pflichtverteidigers. Es muss eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegen, etwa wenn eine Vernehmung oder Gegenüberstellung keinen längeren Aufschub duldet und der zuständige Richter nicht erreichbar ist. Die Staatsanwaltschaft kann einerseits von Amts wegen als auch auf Antrag (vorläufig) einen Verteidiger bestellen; andererseits kann sie auch einen Antrag des Beschuldigten ablehnen; auch dies ist eine Entscheidung über die Bestellung.

Praxishinweise

Dem Beschuldigten ist vor der Bestellung eines bestimmten Verteidigers zunächst Gelegenheit zu geben, einen Verteidiger seiner Wahl zu bezeichnen; hiermit soll es ihm ermöglicht werden, den Anwalt... Hier weiter lesen in unserem Spezialreport „Die Neuregelung der Pflichtverteidigung.“

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