§ 144 StPO: Das ist zu beachten, wenn zusätzliche Pflichtverteidiger bestellt werden sollen

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Neuer Gesetzestext:

§ 144 Zusätzliche Pflichtverteidiger

(1) In den Fällen der notwendigen Verteidigung können dem Beschuldigten zu seinem gewählten oder einem gemäß § 141 bestellten Verteidiger bis zu zwei Pflichtverteidiger zusätzlich bestellt werden, wenn dies zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens, insbesondere wegen dessen Umfang oder Schwierigkeit, erforderlich ist.

(2) Die Bestellung eines zusätzlichen Verteidigers ist aufzuheben, sobald seine Mitwirkung zur zügigen Durchführung des Verfahrens nicht mehr erforderlich ist. § 142 Absatz 5 bis 7 Satz 1 gilt entsprechend.

Grundsätzliches

In der StPO fehlten zuvor Vorschriften zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen und wie lange ein sogenannter Sicherungsverteidiger bestellt werden kann. Dennoch war es in der Praxis – gerade in Umfangsverfahren – sehr verbreitet, zusätzlich zu einem Wahl- oder Pflichtverteidiger weitere Verteidiger insbesondere zur Sicherung der Hauptverhandlung zu bestellen.

Die Umsetzung der PKH-Richtlinie nimmt die Neufassung zum Anlass, Voraussetzungen und Dauer der Bestellung eines Sicherungsverteidigers, gesetzlich zu regeln.

Absatz 1 regelt die Voraussetzungen der – vom Willen des Beschuldigten unabhängigen – Bestellung weiterer Verteidiger. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nur eröffnet, wenn es sich um einen Fall der notwendigen Verteidigung handelt und der Beschuldigte bereits einen Verteidiger hat.

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Wahl- oder Pflichtverteidiger handelt. Voraussetzung für die gerichtliche Bestellung eines weiteren Verteidigers ist, dass dessen Bestellung (und Anwesenheit) zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens erforderlich ist.

Eine solche Erforderlichkeit kann sich zunächst aus der Person des bisherigen Verteidigers ergeben, so wenn dessen Teilnahme am Verfahren, insbesondere an der Hauptverhandlung, aus Gründen in seiner Person (Unzuverlässigkeit, Krankheit) nicht gesichert ist.

Sie kann sich auch aus dem Umfang des Verfahrens ergeben, etwa wenn bei einer Vielzahl von Fortsetzungsterminen Ausfälle und Terminkollisionen unvermeidlich sind, wegen der Notwendigkeit der Einhaltung der Unterbrechungsfristen sowie des insbesondere in Haftsachen zu beachtenden Beschleunigungsgrundsatzes die Verhandlung aber dennoch stattfinden muss.

Nicht zuletzt kann wegen der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines einzigen Verteidigers nicht ausreichen. Liegen die Voraussetzungen vor, steht es im Ermessen des Gerichts, dem Beschuldigten einen oder zwei weitere Verteidiger zu bestellen. Die Anzahl richtet sich nach der Stärke des Sicherungsbedürfnisses bzw. der Schwierigkeit der Rechts- oder Sachlage.

Praxishinweise

Die Dauer der besonderen Bestellung ist in Absatz 2 geregelt: So kann die Bestellung nach allgemeinen Grundsätzen denklogisch dann aufgehoben werden, wenn ein Fall notwendiger Verteidigung gar nicht mehr vorliegt.

Darüber hinausgehend ist die Sicherungsverteidigung aber immer dann aufzuheben, wenn gerade ihre speziellen Voraussetzungen entfallen sind. Die Verweisung stellt zudem klar, dass der Beschuldigte auch vor der Bestellung eines Sicherungsverteidigers die Gelegenheit erhalten muss, einen Verteidiger zu bezeichnen. Außerdem muss eine gerichtliche Auswahl des Sicherungsverteidigers anhand der neu geregelten Qualitätskriterien erfolgen.

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