I. Vorbemerkung: Die Formen der Rechtsgeschäfte (§§ 126 ff. BGB)

1. Formfreiheit, Formzwang

Zur Vertragsfreiheit, die unsere Rechts- und Wirtschaftsordnung prägt, gehört auch die Freiheit der Form. Rechtsgeschäfte können grundsätzlich formfrei (z.B. mündlich oder durch Handschlag) verbindlich abgeschlossen werden. Dies gilt unabhängig von der wirtschaftlichen Bedeutung des Geschäfts. Umgekehrt können die Parteien eine bestimmte Form freiwillig vereinbaren (vgl. § 127 BGB).

Für einzelne Fälle schreibt aber auch das Gesetz - im notariellen Bereich i.d.R. das BGB - eine besondere Form vor (gesetzliches Formerfordernis). In den meisten Fällen verfolgt der Gesetzgeber mit einer Formvorschrift einen, mehrere oder alle der nachfolgend beschriebenen Zwecke:

Warnfunktion: Der Erklärende soll vor unüberlegten (übereilten) Rechtshandlungen geschützt werden. Beispiel hierfür sind die Schriftform der Bürgschaftserklärung (§ 766 BGB) und die notarielle Form des Schenkungsversprechens (§ 518 BGB). Eine funktionale Alternative ist die Einräumung eines freien Widerrufsrechts (z.B. im modernen Verbraucherschutzrecht, etwa wie bei Fernabsatzverträgen (§ 312d BGB). Die zum Widerruf berechtigte Vertragspartei (der Verbraucher) ist über dieses Recht zu belehren (Widerrufsbelehrung). Denn bei fehlender oder unrichtiger Belehrung, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen (vgl. § 355 Abs. 2 BGB i.V.m. z.B. § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB).