Die neue Verantwortungsgemeinschaft: Partnerschaft mit Brief und Siegel?

Das geplante neue Institut der Verantwortungsgemeinschaft (Stand 12.3.2024: Eckpunkte des BMJ liegen vor) beinhaltet die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für persönliche Näheverhältnisse außerhalb von Liebesbeziehungen oder der Ehe durch einen mehrseitigen Verantwortungsgemeinschaftsvertrag.

Der Fokus liegt auf rechtlicher Absicherung, wobei der Schutz der Ehe gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes unberührt bleibt.

Die Rechte und Rechtsfolgen der Verantwortungsgemeinschaft sollen je nach gewünschter Verantwortungsübernahme variieren, und die Parteien können zwischen Stufen und Modulen mit klar definierten Rechtsfolgen wählen.

Enge Grenzen der Verantwortungsgemeinschaft

Die Verantwortungsgemeinschaft soll jedoch keine Auswirkungen auf das Verhältnis der Partner zu Kindern, im Namensrecht und im Erbrecht haben. Steuererleichterungen, Aufenthaltsberechtigung oder Arbeitserlaubnis sollen durch die Verantwortungsgemeinschaft nicht begründet werden.

Neues Gesetz über die Verantwortungsgemeinschaft

Der Vertrag über die Verantwortungsgemeinschaft wird in einem „Gesetz über die Verantwortungsgemeinschaft” geregelt, unterteilt in einen Allgemeinen Teil und einen Besonderen Teil.

Der Allgemeine Teil enthält grundlegende Regelungen, während der Besondere Teil typisierte Module für besondere Arten der Verantwortungsübernahme regelt.

Die Voraussetzungen für eine Verantwortungsgemeinschaft umfassen unter anderem

  • eine maximale Größe von sechs Vertragspartnern,
  • Volljährigkeit,
  • Geschäftsfähigkeit und
  • ein tatsächliches persönliches Näheverhältnis.

Der Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung und wird nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nichtig, wenn gesetzes- oder sittenwidrige Zwecke verfolgt werden.

Rechtsfolgen der Schaffung einer Verantwortungsgemeinschaft

Die Rechtsfolgen der Verantwortungsgemeinschaft gliedern sich in Grundstufe und Aufbaustufe, wobei die konkreten Auswirkungen je nach den Präferenzen der Vertragsparteien variieren können.

  1. Grundstufe: In der Grundstufe sollen diejenigen rechtlichen Vorschriften zur Anwendung kommen, die an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung anknüpfen. Dies bedeutet beispielsweise, dass Vertragspartner einer Verantwortungsgemeinschaft bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers Berücksichtigung finden können (vgl. § 1816 BGB). Ebenso könnten sie die Möglichkeit haben, bei gesundheitlichen Entscheidungen, wie im Transplantationsgesetz vorgesehen, als Organspender in Betracht zu kommen.

  2. Aufbaustufe: Die Aufbaustufe ermöglicht es den Vertragspartnern, zusätzliche Rechtsfolgen je nach ihrem Willen zu vereinbaren. Die Auswahl erfolgt durch die Vereinbarung von Modulen mit klar definierten Rechtsfolgen. Diese Module können beliebig kombiniert werden und müssen nicht notwendigerweise für alle Vertragspartner gelten. Das Modul „Zugewinngemeinschaft” beispielsweise steht nur zweiseitigen Verantwortungsgemeinschaften mit lediglich zwei Vertragspartnern offen. Hierbei finden die für Ehegatten geltenden Regelungen über die Zugewinngemeinschaft entsprechende Anwendung.

Es ist wichtig zu betonen, dass durch die Verantwortungsgemeinschaft keine durchsetzbaren Rechte auf und keine durchsetzbaren Pflichten zur Verantwortungsübernahme begründet werden. Die Festlegung der Rechtsfolgen erfolgt auf freiwilliger Basis und wird durch die individuelle Gestaltung des Vertrags ermöglicht.

Jede Änderung oder Erweiterung des Vertrags sowie die Auswahl zusätzlicher Module müssen konsensual erfolgen und unterliegen in einigen Fällen der notariellen Beurkundung, um sicherzustellen, dass die Vertragsparteien umfassend über die Konsequenzen informiert sind.

Die einzelnen Module der Verantwortungsgemeinschaft

Der Besondere Teil des Gesetzes sieht vier individuelle Module vor:

  1. Modul 1 "Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten": Dieses Modul ermöglicht es den Partnern, in gesundheitlichen Notsituationen Auskunft von behandelnden Ärzten zu verlangen und sich gegenseitig gemäß dem Ehegattennotvertretungsrecht des § 1358 BGB zu vertreten.

  2. Modul 2 "Zusammenleben": Hierbei wird eine Spezialnorm zur vorübergehenden Wohnungsüberlassung nach dem Vorbild des § 1361b BGB geschaffen. Es erlaubt den Partnern, sich bei räumlichem Zusammenleben gegenseitig zu ermächtigen, Grundnahrungsmittel und notwendige Haushaltsartikel zu kaufen. Die Regelungen zur Kostenaufteilung bleiben den Partnern selbst überlassen.

  3. Modul 3 "Pflege und Fürsorge": Die Vereinbarung dieses Moduls schafft keine Verpflichtung zur Pflege der anderen Vertragspartner. Es soll jedoch die Möglichkeit geschaffen werden, die pflegenden Partner im Falle der tatsächlichen und nicht gewerbsmäßigen Erbringung von Pflegeleistungen den nahen Angehörigen im Sinne des Pflegezeitgesetzes gleichzustellen.

  4. Modul 4 "Zugewinngemeinschaft": Dieses Modul steht ausschließlich zweiseitigen Verantwortungsgemeinschaften mit nur zwei Vertragspartnern offen. Es ermöglicht, die für Ehegatten geltenden Regelungen über die Zugewinngemeinschaft entsprechend anzuwenden. Es ist nicht für verheiratete Personen vorgesehen, um mögliche Kollisionen mit dem ehelichen Güterrecht zu vermeiden. Steuerliche Vorschriften für Ehegatten finden in der Verantwortungsgemeinschaft keine Anwendung.

Dokumente zum Gesetz über die Verantwortungsgemeinschaft

Eckpunkte des BMJ für die Verantwortungsgemeinschaft vom 2.2.2024 (PDF)

 

 

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