Zu § 11 VOB/B; § 138 Abs. 1 BGB

Notwendigkeit einer Obergrenze für individuell vereinbarte Vertragsstrafe

OLG München, Beschl. v. 13.07.2018 - 28 U 429/18 Bau; BGH, Beschl. v. 09.10.2019 - VII ZR 166/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

IBR 2020, 170 = Baurechtsreport 2020, 5

I. Der Beschluss nimmt Stellung zu der Frage,

ob auch bei einer individuell vereinbarten Vertragsstrafe, d.h. also ohne Vorliegen einer AGB-Vertragsstrafenklausel, eine Obergrenze erforderlich ist.

II. Der Beschluss hat folgende Leitsätze:

1. Die Sittenwidrigkeit einer individual vertraglich vereinbarten Vertragsstrafenregelung ist bereits dann zu bejahen, wenn eine der beiden Zielrichtungen einer Vertragsstrafe (Druckausübung oder erleichterte Schadloshaltung) verfehlt wird.

2. Eine individuell vertraglich vereinbarte Vertragsstrafenregelung ist sittenwidrig und nichtig, wenn für die Vertragsstrafe keine absolute Obergrenze festgelegt wird. Der Zweck "Druckfunktion" der Vertragsstrafe kann dann nicht mehr erreicht werden.

III. Die wichtigsten Entscheidungsgründe:

Der Entscheidung des OLG München lag als Sachverhalt zugrunde, dass zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer individuell pro Tag des Verzugs eine Vertragsstrafe i.H.v. 1.000 Euro vereinbart wurde, ohne dass insofern eine Obergrenze für die Gesamtvertragsstrafe vorgesehen war. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung beanspruchte der Auftraggeber deshalb von dem Auftragnehmer für 130 Tage des Verzugs eine Vertragsstrafe von 130.000 Euro.