Unzumutbare Tätigkeit

1. Fehlende Erwerbsobliegenheit

Unzumutbar bzw. überobligatorisch ist eine Tätigkeit, die ein Unterhaltsverpflichteter oder ein Unterhaltsberechtigter ausübt, obwohl ihn hierfür keine Obliegenheit trifft (vgl. AG Emmendingen, FamRZ 2003, 176; siehe auch das Stichwort " Erwerbsobliegenheit (EWO)"), z.B. besteht zwischen geschiedenen Ehegatten keine Obliegenheit, eine Ganztagstätigkeit auf Kosten der Gesundheit auszuüben (AG Flensburg, FamRZ 2008, 1626). Ist jedoch absehbar, dass der Unterhaltsberechtigte alsbald verpflichtet sein wird, eine Teil- oder Vollzeiterwerbstätigkeit auszuüben, kann eine derartige Tätigkeit nicht mehr als überobligatorisch eingestuft werden, so z.B. vollschichtige Erwerbstätigkeit eines betreuenden Elternteils, wenn das jüngste Kind fast 15 Jahre alt ist (vgl. OLG Stuttgart, FamRZ 2007, 400, 401). Auch ein zusätzliches Einkommen aufgrund eines Verzichts auf den Jahresurlaub ist überobligatorisch. Dies gilt jedoch nicht für Mehrarbeit, die bei einer ohnehin nur teilschichtig ausgeübten Tätigkeit anfällt (BGH, Urt. v. 11.07.2012 - XII ZR 72/10, FamRZ 2012, 1483, Rdnr. 34). Bei leitenden Angestellten bzw. herausgehobenen beruflichen Positionen ist eine Arbeitsbelastung von mehr als 60 Wochenstunden berufstypisch und damit nicht überobligatorisch (OLG Brandenburg, Beschl. v. 26.04.2016 - 13 UF 1/13, NZFam 2016, 983).