Wartepflicht gegenüber Gegenverkehr beim Linksabbiegen und gegenüber Radfahrern pp. beim Rechtsabbiegen; besondere Rücksicht gegenüber Fußgängern

Autor: Hofmann

Der Abbiegende hat entgegenkommenden Verkehr durchfahren zu lassen, er hat eine Wartepflicht (§ 9 Abs. 3 Satz 1 StVO). Wegen der vorrangigen Bedeutung der Durchfahrregelung erstreckt sich die Pflicht des Linksabbiegers, den Gegenverkehr passieren zu lassen, auf den gesamten entgegenkommenden Geradeausverkehr. Sie gilt auch gegenüber zu weit links fahrenden Verkehrsteilnehmern (OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.01.2007 - 4 U 409/06). Der Entgegenkommende darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein Vorrecht beachtet wird. Er verliert sein Vorrecht auch nicht dadurch, dass er sich selber verkehrswidrig verhält, beispielsweise gegen das Rechtsfahrgebot verstößt oder die Geschwindigkeit geringfügig überschreitet (BGH, Urt. v. 25.03.2003 - VI ZR 161/02, DAR 2003, 308).

Auch durch die verbotswidrige Nutzung einer Busspur verliert der Gegenverkehr sein Vorrecht nicht, weil es sich bei den Vorschriften über den Sonderfahrstreifen nicht um ein Schutzgesetz zugunsten sorgfaltswidriger Linksabbieger handelt (KG, Beschl. v. 03.12.2007 - 12 U 191/07, NZV 2008, 298; KG Beschl. v. 03.12.2009 - 12 U 92/09, VRS 118, 153). Dies gilt allerdings nicht bei gleichgerichtetem Verkehr; in diesem Fall haftet der unberechtigte Fahrer der Sonder-fahrspur (KG, Beschl. v. 03.12.2009 - 12 U 92/09, VRS 118, 153).