Familienrecht -

Bundestag beschließt Reform des Versorgungsausgleichs

Am 12.02.2009 hat der Bundestag die Reform des Versorgungsausgleichs beschlossen. Das Recht des Versorgungsausgleichs wird damit grundlegend neu geordnet.

Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung des Bundesrates. Es wird voraussichtlich am 01.09.2009 in Kraft treten.

Der Versorgungsausgleich regelt die Verteilung von Rentenansprüchen zwischen Ehegatten nach einer Scheidung. Rentenansprüche können in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der Beamtenversorgung und durch betriebliche oder private Altersvorsorge entstehen. Scheitert eine Ehe, sorgt der Versorgungsausgleich dafür, dass die von den Ehepartnern erworbenen Anwartschaften geteilt werden. So erhält auch derjenige Ehegatte eine eigenständige Absicherung für Alter und Invalidität, der - zum Beispiel wegen der Kindererziehung - auf eigene Erwerbstätigkeit verzichtet hat.

Das Reformgesetz sieht vor, dass künftig jedes in der Ehe aufgebaute Versorgungsanrecht gesondert im jeweiligen Versorgungssystem zwischen den Ehegatten geteilt wird. Durch diese Teilung erhält der jeweils berechtigte Ehegatte einen eigenen Anspruch gegen den Versorgungsträger des jeweils verpflichteten Ehegatten. Das ist der Grundsatz der "internen Teilung". Er löst das fehlerbehaftete Prinzip der Verrechnung aller Anrechte und des Einmalausgleichs über die gesetzliche Rentenversicherung ab. Künftig können so auch die Anrechte aus der betrieblichen und privaten Altersvorsorge schon bei der Scheidung vollständig geteilt werden. Nachträgliche Ausgleichs- und Abänderungsverfahren werden weitgehend entbehrlich.

Beispiel
Der Ehemann hat in der Ehezeit zum einen eine Rentenanwartschaft von 30 Entgeltpunkten in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben (entspricht derzeit 30 x 26,56 Euro = 796,80 Euro monatlich). Außerdem hat er in der Ehe eine Anwartschaft aus einer betrieblichen Altersversorgung (Pensionskasse) mit einem Kapitalwert von insgesamt 30.000,- Euro aufgebaut. Durch den Versorgungsausgleich erhält die Ehefrau 15 Entgeltpunkte bei der gesetzlichen Rentenversicherung; ferner erhält sie gegenüber der Pensionskasse einen Anspruch auf eine Betriebsrente im Wert von 15.000 Euro. Die beiden Anwartschaften des Ehemanns werden entsprechend gekürzt.

Abweichend vom Grundsatz der internen Teilung kann ausnahmsweise eine "externe Teilung" vorgenommen werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person zustimmt oder bestimmte Wertgrenzen nicht überschritten sind. Die Teilung erfolgt dann nicht intern beim Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten, sondern extern durch zweckgebundene Abfindung und Einzahlung dieses Kapitalbetrages bei einem anderen Versorgungsträger. Die ausgleichsberechtigte Person kann entscheiden, ob eine für sie bereits bestehende Versorgung aufgestockt oder eine neue Versorgung begründet werden soll.

Will im vorigen Beispiel der Arbeitgeber des Ehemanns dessen Ehefrau abfinden, kann er mit ihrem Einverständnis das ihr zustehende Versorgungskapital von 15.000,- Euro aus der Pensionskasse beispielsweise in eine Lebensversicherung (Riestervertrag) zu ihren Gunsten zweckgebunden einzahlen. Auch hier wird die Anwartschaft des Ehemanns dann entsprechend gekürzt.

In bestimmten Fällen findet ein Versorgungsausgleich nicht mehr statt: Bei einer kurzen Ehezeit von bis zu drei Jahren ist der Ausgleich ausgeschlossen, es sei denn, ein Ehegatte beantragt die Durchführung. Geht es nur um einzelne geringe Ausgleichswerte oder ergeben sich auf beiden Seiten bei gleichartigen Anrechten ähnlich hohe Ausgleichswerte, soll das Familiengericht ebenfalls von der Durchführung des Ausgleichs absehen. Außerdem erhalten die Eheleute größere Spielräume, Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich zu schließen und so ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten nach ihren individuellen Bedürfnissen zu regeln.

Der Zugang zum Recht wird allen Beteiligten - also den geschiedenen Eheleuten, deren Anwälten und den Versorgungsträgern - durch die Reform erleichtert: Die familienrechtlichen Vorschriften, bisher auf vier komplizierte Gesetze verteilt, werden im neuen Versorgungsausgleichsgesetz zusammengefasst. Die Vorschriften sind möglichst knapp und gut verständlich formuliert.

Stimmt der Bundesrat zu, wird das neue Recht am 01.09.2009 in Kraft treten, zeitgleich mit der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens. Es wird für Scheidungen gelten, die ab diesem Zeitpunkt beim Familiengericht eingeleitet werden. Bereits bei Gericht anhängige Versorgungsausgleichssachen, die nicht mehr mit der Scheidung verbunden sind, werden nach neuem Recht entschieden, wenn sie nach dem 01.09.2009 weiter betrieben werden. Spätestens ab dem 01.09.2010 soll das neue Recht für alle Versorgungsausgleichssachen gelten, die in der ersten Instanz noch nicht entschieden sind.

Weiterführende Informationen zu diesem Thema in rechtsportal.de - Das Fachportal für Familienrecht:

KomVA – der Online-Kommentar zum Versorgungsausgleich

Der KomVA von Dr. Ludwig Bergner, Direktor der LVA Oberbayern a.D. erläutert praxisnah die Grundlagen und die wesentlichen Rechtsvorschriften des geltenden Rechts des Versorgungsausgleichs.
Neben (teilweise auch kritischen) Hinweisen auf die Rechtsprechung und das Schrifttum enthält der KomVA zahlreiche Beispiele, Tabellen, Formeln und Fälle mit Lösungsskizzen.

Der in rechtsportal.de integrierte Online-Kommentar KomVA bietet Ihnen außerdem die Möglichkeiten, schnell und einfach per Mausklick auf alle Erläuterungen zu den im Einzelfall interessierenden Begriffen, Paragraphen und Stichworten zuzugreifen.

Der KomVA gliedert sich in folgende Teile:

Teil A - Grundlagen
Einführung in das Recht des Versorgungsausgleichs und mit ausführlichen und aktuellen Erläuterungen der den Versorgungsausgleich betreffenden Regelungen des BGB sowie allen Bestimmungen des VAHRG und des VAÜG.

Teil B - Ergänzende Regelungen
Erläuterungen zu den einschlägigen Regelungen des EGBGB, des LPartG und des SGB VI.

Teil C - Fälle mit Lösungsskizzen
10 praktische Fälle zum Ausgleich von dynamischen und angleichungsdynamischen Rentenanrechten, zur Dynamisierung von Anrechten, zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, zum Abänderungsverfahren und zum Rentner-/Pensionistenprivileg.

Teil D – Tabellen zum Versorgungsausgleich
Hier finden Sie die zur Durchführung des Versorgungsausgleichs erforderlichen Tabellenwerte.

Hier können Sie die Beschlussempfehlung und den Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages zum VA-Strukturreformgesetz vom 11.02.2009 herunterladen, BT-Drucks. 16/11903 (pdf)

Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 12.02.09