Vor dem Bundesverfassungsgericht hatte eine Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg, die gegen die Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe (VKH) für ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren gerichtet war. Der Beschwerdeführer wollte einen Mann als seinen Vater feststellen lassen, gegen den schon die Mutter des Beschwerdeführers in der DDR deswegen gerichtlich erfolglos vorgegangen war.
Darum geht es
Dem Ausgangsverfahren vorausgehend hatte die Mutter des Beschwerdeführers erfolglos ein Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft eines namentlich genannten Mannes geführt. Dieser hatte gegen seine Vaterschaft eingewandt, sich zum Zeitpunkt der behaupteten Zeugung nicht in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) aufgehalten zu haben.
Die im Jahr 1975 in der DDR erhobene Klage wurde durch dortige Gerichte ohne die Einholung eines Abstammungsgutachtens abgewiesen. Der Beschwerdeführer selbst hatte erfolglos Anträge auf Verfahrenskostenhilfe für entsprechende Verfahren gestellt.
Der Beschwerdeführer hat im Juni 2023 beim Familiengericht - erneut - Verfahrenskostenhilfe für ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren beantragt. Das Familiengericht hat den Antrag zurückgewiesen und der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Das Kammergericht hat die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es sich maßgeblich auf eine durch den Einigungsvertrag bedingte Regelung des EGBGB gestützt, nach der Entscheidungen zur Abstammung, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts in der DDR ergangen sind, durch die Wiedervereinigung unberührt bleiben.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Entscheidungen zur Verfahrenskostenhilfe und rügt unter anderem, dass die Verfahren in der DDR rechtsstaatlichen Anforderungen nicht entsprächen.
Es habe damals keine hinreichende Aufklärung stattgefunden; insbesondere beanstandet er die unterbliebene Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Abstammung.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Verfassungsbeschwerde ist nach dem Bundesverfassunggsgericht unzulässig.
Die Verfassungsbeschwerde zeige nicht hinreichend die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten auf.
Insbesondere habe der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, dass das Kammergericht im Bezug auf den sog. ordre public eine schwierige oder ungeklärte Rechtsfrage entschieden hätte.
Zwar mag es sich nach dem Bundesverfassungsgericht bei der Frage der Vereinbarkeit statusrechtlicher Entscheidungen der Gerichte der ehemaligen DDR mit dem bundesdeutschen ordre public ursprünglich um eine schwierige Rechtsfrage gehandelt haben.
Eine Rechtsfrage sei aber nicht mehr im Sinne der verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Rechtsschutzgleichheit als „schwierig“ zu bewerten, wenn bereits vorliegende Rechtsprechung Auslegungshilfen zu ihrer Beantwortung gewährt.
Der BGH habe wiederholt entschieden, alleine der Umstand, dass eine ausländische Entscheidung die - positiv festgestellte - Vaterschaft ohne Einholung eines Gutachtens ausschließlich auf die Aussage der Kindesmutter stützt, führe noch nicht zu einem Verstoß gegen den ordre public.
Die maßgebliche Rechtsprechung des BGH lasse erkennen, dass es für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer (positiven) Statusentscheidung mit dem ordre public in den einschlägigen Konstellationen auf eine Gesamtbetrachtung ankomme.
Ein Gesichtspunkt allein vermöge mithin nicht den Ausschlag zu geben. Vielmehr seien nach dieser Rechtsprechung verschiedene, sich wechselseitig beeinflussende Kriterien zu würdigen.
Die Verfassungsbeschwerde gehe auf diese Rechtsprechung nicht ein und befasse sich in der Folge auch nicht mit der Frage, ob die in ihr zugrunde gelegten Kriterien eines möglichen Verstoßes gegen den ordre public auch für die vom Kammergericht zu beurteilende Fallgestaltung Bedeutung erlangen.
Dass trotz dieser Rechtsprechung schwierigkeitsbegründende Umstände im Zusammenhang mit der Frage des ordre public bestehen, lasse die Verfassungsbeschwerde nicht erkennen.
BVerfG, Beschl. v. 09.06.2025 - 1 BvR 422/24
Quelle: BVerfG, Pressemitteilung v. 22.08.2025