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Anwaltliche Beratungspflichten: Haftung bei Abfindungsvergleich?

Das OLG Frankfurt hat die Abweisung einer Klage gegen Rechtsanwälte bestätigt, die für ihre Mandantin einen Abfindungsvergleich in einer Arzthaftungssache abgeschlossen hatten. Das Gericht nahm keinen Verstoß gegen die Belehrungspflicht an, insbesondere weil es von einer realen Gefahr ausging, dass die Haftpflichtversicherung des Arztes die Schadensregulierung vollständig abgelehnt hätte.

Darum geht es

Die Klägerin nimmt die beklagten Rechtsanwälte auf Schadensersatz wegen der behaupteten Verletzung anwaltlicher Pflichten in Anspruch. Sie hatte einen Verkehrsunfall erlitten und war wegen andauernder Beschwerden in Rostock in einer Praxis operiert worden. Eine medizinische Indikation für diesen Eingriff lag tatsächlich nicht vor.

Deshalb beauftragte sie die Beklagten, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem operierenden Arzt geltend zu machen. Nach Einleitung des Verfahrens beim Landgericht Rostock führte die beklagte Anwältin Regulierungsgespräche mit der Versicherung des Arztes und unterzeichnete letztlich eine Abfindungserklärung im Namen der Klägerin.

Die Klägerin behauptet, sie sei nicht richtig über die Tragweite dieses Abfindungsvergleichs aufgeklärt worden. Bei richtiger Aufklärung hätte sie dem Vergleich nicht zugestimmt. Sie begehrt Zahlung von knapp 300.000 €. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts hatte vor dem OLG Frankfurt keinen Erfolg.

Die Beklagte zu 1) hat die Klägerin umfassend und zutreffend über die Tragweite eines Abfindungsvergleichs aufgeklärt. Es stellt auch keine Pflichtverletzung dar, dass sie der Klägerin nicht von dem Abschluss des Vergleichs abgeraten hat.

Rechtsanwälte müssten zwar Vor- und Nachteile eines von dem Mandanten erwogenen Vergleichs darlegen. Aufgrund der Schwierigkeiten und Ungewissheiten bei dieser Abwägung sei ihnen jedoch ein Ermessensspielraum zuzubilligen. Andernfalls gingen sie ein nicht mehr tragbares Risiko ein.

Abzuraten sei von einem Vergleich, wenn er für die von ihnen vertretene Partei eine unangemessene Benachteiligung darstelle und insbesondere begründete Aussicht bestehe, im Falle einer streitigen Entscheidung ein wesentlich günstigeres Ergebnis zu erzielen. Diese Fragen seien allein aus der damaligen Sicht zu beurteilen.

Hier sei nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme und informatorischen Anhörung von einer ordnungsgemäßen Aufklärung auszugehen. Es gäbe auch keine konkreten Anhaltspunkte, dass die Klägerin die Hinweise und Erläuterungen ihrer Anwältin nicht richtig erfasst habe. Die Klägerin habe vielmehr „schnelles Geld“ haben wollen, um Umbaumaßnahmen zu finanzieren.

Ohne Vergleichsschluss habe zudem die reale Gefahr bestanden, dass die Versicherung ihrem Versicherungsnehmer (dem Operateur) den Versicherungsschutz verweigere. Die Versicherung habe die Regulierung des von dem Arzt angerichteten Schadens verweigern können, weil dieser möglicherweise vorsätzlich gehandelt habe.

Derzeit laufe ein Strafverfahren vor dem Landgericht Rostock gegen den Arzt. Schließlich stütze den Vergleichsabschluss, dass der Sachverständige nicht alle von der Klägerin geltend gemachten Folgeschäden auf den Unfall zurückführen konnte.

Im Übrigen habe die Klage bereits deshalb keinen Erfolg, da es an einem Schaden der Klägerin fehle. Soweit ein Rechtsanwalt wegen der Vereitelung eines Anspruchs eines Mandanten in Regress genommen werde, setzt die Verurteilung voraus, dass der vereitelte Anspruch durchsetzbar gewesen wäre. Hier habe die Klägerin den Beweis für höhere Zahlungsansprüche nicht führen können.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim BGH begehren.

OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 03.12.2019 - 8 U 129/18

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 05.12.2019