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Herzschlag verwechselt: 500.000 € Schmerzensgeld für Geburtsschaden

Das OLG Oldenburg hat einem mittlerweile achtjährigen Mädchen 500.000 € Schmerzensgeld zugesprochen. Zudem sind die beklagte Klinik sowie eine Ärztin verpflichtet, dem Kind sämtlichen Vermögensschaden zu ersetzen, der ihm aus einer Sauerstoffunterversorgung vor der Geburt entstanden ist oder künftig entstehen wird. Die Ärzte hatten den Herzschlag der Mutter mit dem des Kindes verwechselt.

Darum geht es

Das Mädchen hat als Folge einer Sauerstoffunterversorgung vor der Geburt einen schweren Hirnschaden erlitten; sie ist schwerstbehindert und wird Zeit ihres Lebens immer auf fremde Hilfe angewiesen sein.

Zu der Schädigung war es gekommen, weil ca. 45 Minuten vor der Entbindung die Herzfrequenz des Kindes sehr stark abgefallen war (sog. Bradykardie). In diesem Zeitraum zeichnete indessen das CTG (sog. Wehenschreiber) für ca. 10 Minuten keinen Herzschlag auf, weder den des Kindes noch den der Mutter.

Als nach 10 Minuten im CTG ein Herzschlag mit normgerechter Frequenz wieder erfasst werden konnte, hielten die Ärzte dies für den Herzschlag des Kindes in der Annahme, es habe sich wieder erholt. Tatsächlich handelte es sich allerdings um den Herzschlag der Mutter. Als man den Irrtum später bemerkte, war die Klägerin durch die Sauerstoffunterversorgung bereits erheblich geschädigt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Dieses Vorgehen stellt nach dem OLG Oldenburg einen groben Behandlungsfehler da. Das Gericht bezieht sich insoweit auf die entsprechenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen.

Die behandelnden Ärzte hätten sich angesichts des Verdachts auf einen kindlichen Herzfrequenzabfall auf andere Weise davon überzeugen müssen, dass es dem Kind gut geht, z.B. durch eine sog. Kopfschwartenelektrode.

Keinesfalls hätte man sich angesichts der bedrohlichen Situation über einen Zeitraum von 10 Minuten mit einem nicht aussagekräftigen CTG zufrieden geben dürfen.

Weil die Beklagten bereits aus diesem Grund der Klägerin hafteten, musste sich der Senat mit den weiteren Vorwürfen gegen die Klinik, dass nämlich die Reanimation nach der Geburt nicht sofort begonnen wurde, dass kein Beatmungsbeutel nach der Geburt zur Verfügung gestanden hatte, dass die Maskenbeatmung nach der Geburt versehentlich ohne Druck erfolgt und dass der verständigte Notarzt 10 Minuten zu spät erschienen war, nicht weiter auseinandersetzen.

Der Senat hat mit seinem Urteil ein im Wesentlichen gleichlautendes Urteil des Landgerichts Osnabrück bestätigt; das zuerkannte Schmerzensgeld sei in jedem Fall angemessen; weil nur die Beklagten Berufung eingelegt hatten, musste sich der Senat mit der Frage eines höheren Schmerzensgeldes nicht befassen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

OLG Oldenburg, Urt. v. 13.11.2019 - 5 U 108/18

Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung v. 15.11.2019