Voraussetzungen der Restschuldbefreiung

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Eröffnungsantrag eines Gläubigers

Der eigene Eröffnungsantrag des Schuldners ist Voraussetzung für die Restschuldbefreiung

Mit seiner Entscheidung vom 08.07.2004 – IX ZR 209/03 stellte der BGH fest, dass die Gewährung von Restschuldbefreiung im Verbraucher- wie im Regelinsolvenzverfahren einen Eigenantrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraussetzt. Für das Verbraucherinsolvenzverfahren ergibt sich dies aus dem Gesetz (§§ 305 Abs. 1, 306 Abs. 3 InsO). Auch für das Regelinsolvenzverfahren darf der Schuldner, der die Restschuldbefreiung anstrebt, auf einen Eigenantrag nicht verzichten (BGH v. 25.09.2003 – IX ZB 24/03).

Hat bereits ein Gläubigerantrag zur Insolvenzeröffnung geführt, ist bis zum Abschluss des Verfahrens ein Eigenantrag des Schuldners nicht mehr zulässig (vgl. BGH v. 18.05.2004 – IX ZB 189/03; OLG Köln, NZI 2003, 99, 100).

Belehrung des Schuldners bei Gläubigeranträgen

Liegt ein Gläubigerantrag auf Insolvenzeröffnung vor, ist der Schuldner zunächst durch das Insolvenzgericht darauf aufmerksam zu machen, dass er neben dem Antrag auf Restschuldbefreiung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 InsO auch einen eigenen Antrag auf Insolvenzeröffnung stellen muss (Uhlenbruck/Sternal, InsO, § 287 Rdnr. 22). Stellt ein Gläubiger einen Insolvenzantrag, der – weil es sich bei dem Schuldner um einen Verbraucher handelt – zur Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens führen kann, sieht § 306 Abs. 3 Satz 1 InsO ausdrücklich vor, dass dem Schuldner Gelegenheit zur Stellung eines eigenen Insolvenzantrags zu geben ist. Da auch im Regelinsolvenzverfahren Restschuldbefreiung nur nach vorausgegangenem Eigenantrag gewährt werden kann, besteht hier ebenfalls eine entsprechende Hinweispflicht des Insolvenzgerichts. Der Eröffnungsantrag des Schuldners kann nicht unter der Bedingung gestellt werden, dass der Antrag des Gläubigers durch das Gericht für zulässig und begründet erachtet wird (BGH v. 11.03.2010 – IX ZB 110/09).

Gerichtliche Fristbestimmung für die Nachreichung des Eröffnungsantrags

Für den Restschuldbefreiungsantrag ist die Frist des § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO einzuhalten. Auch darauf ist der Schuldner – sowohl im Regel- als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren – hinzuweisen. Für die notwendige Stellung eines Eröffnungsantrags hat das Insolvenzgericht dagegen dem Schuldner eine richterliche Frist zu bestimmen, deren Länge nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen ist. Diese sollte allerdings wegen des Gebots der Verfahrensbeschleunigung i.d.R. nicht mehr als vier Wochen ab Zugang der Verfügung betragen und kann bei Bedarf auch verlängert werden (§ 4 InsO i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO; BGH v. 17.02.2005 – IX ZB 176/03; vgl. K/P/B-Wenzel, InsO, 80. Lieferung 06.2019, § 287 Rdnr. 11a). Die für den Restschuldbefreiungsantrag laufende nicht verlängerbare Zweiwochenfrist steht nicht entgegen, denn diese kann erst in Lauf gesetzt werden, wenn der Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung gestellt ist.

Fehlerhafter oder verspäteter Hinweis des Gerichts

Ein fehlerhafter, unvollständiger oder verspäteter Hinweis des Insolvenzgerichts, durch den regelmäßig das Recht des Schuldners auf das rechtliche Gehör verletzt wird, darf jenem nicht zum Nachteil gereichen. Hat es das Insolvenzgericht versäumt, dem Schuldner für die Nachholung des Insolvenzantrags eine Frist zu setzen, oder ist dem Schuldner die Fristsetzung nicht bekanntgemacht worden, läuft die Frist nicht (BGH v. 17.02.2005 – IX ZB 176/03). Hat der Gläubigerantrag in einem derartigen Fall bereits zur Verfahrenseröffnung geführt und ist ein Eigenantrag des Schuldners deshalb nicht mehr zulässig, muss es zur Erhaltung der Aussicht auf Restschuldbefreiung genügen, dass der Schuldner nunmehr lediglich einen Restschuldbefreiungsantrag stellt. Dies gilt sowohl im Regel- als auch im Verbraucherinsolvenzverfahren. Die für die Abtretung des pfändbaren Teils seiner laufenden Bezüge gem. § 287 Abs. 1 Satz 2 InsO erforderliche Verfügungsmacht verbleibt ihm auch nach Verfahrenseröffnung (§ 81 Abs. 2 Satz 2 InsO).

Ausreichende Belehrung des Schuldners

Der erforderliche Hinweis muss hinreichend klar, vollständig und für einen juristischen Laien verständlich sein (BGH v. 16.04.2015 – IX ZB 93/12). Eine Formulierung wie "Der Schuldner wird darauf hingewiesen, dass er einen Restschuldbefreiungsantrag (§§ 286 ff. InsO) stellen kann. Dieser setzt einen eigenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, der spätestens bis zum Zeitpunkt der Eröffnung zu stellen ist. Das Gericht setzt dem Schuldner eine Frist zur Stellung des Eigenantrags binnen drei Wochen. Der Restschuldbefreiungsantrag ist spätestens zwei Wochen nach Stellung des Eigenantrags bei Gericht einzureichen (§§ 20 Abs. 2, 287 Abs. 1 Satz 2 InsO)" belehrt nicht hinreichend über die Folgen einer Fristversäumnis (LG Frankenthal v. 19.03.2019 – 1 T 5/19).

Entbehrlicher Hinweis

Der Hinweis auf die Möglichkeit der Erlangung einer Restschuldbefreiung nach einem Gläubigerantrag ist entbehrlich, wenn der Schuldner bereits anlässlich eines noch anhängigen Insolvenzeröffnungsantrags eines anderen Gläubigers ordnungsgemäß belehrt worden ist, sofern dem Schuldner im weiteren Antragsverfahren eine ausreichende Frist verbleibt, die zur Erreichung der Restschuldbefreiung erforderlichen Anträge zu stellen (BGH v. 15.09.2016 – IX ZB 67/15).

Schuldnerantrag nach Abweisung eines Gläubigerantrags

Der zuvor mangels Masse abgewiesene Eröffnungsantrag eines Gläubigers steht der Zulässigkeit eines mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundenen Antrags des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht entgegen (BGH v. 17.07.2014 – IX ZB 86/13).

Keine Sperrfrist bei versäumter Frist

In § 287a InsO sind die Fälle aufgelistet, die die Unzulässigkeit des Antrags auf Restschuldbefreiung zur Folge haben. Der trotz gerichtlichem Hinweis vom Schuldner nicht gestellte Eigenantrag löst danach keine Sperrfrist aus, innerhalb der ein neuerlicher Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig wäre. Allerdings kann ein weiteres Insolvenzverfahren nicht eröffnet werden, solange ein bereits eröffnetes Verfahren nicht beendet ist (vgl. BGH v. 03.07.2008 – IX ZB 182/07). Eine Ausnahme dazu ist nur dann anerkannt, wenn davon Verbindlichkeiten betroffen sind, die der Schuldner im Rahmen einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen selbständigen Tätigkeit begründet hat (BGH v. 09.06.2011 – IX ZB 175/10). In einem solchen Verfahren kann aber keine Restschuldbefreiung erlangt werden (siehe Teil 4/7.3).