Rechtswidrigkeit, Vorwerfbarkeit

Autor: Hofmann

Eine Geschwindigkeitsüberschreitung bleibt ordnungswidrigkeitenrechtlich folgenlos, wenn die Tat entweder in:

1.

Notwehr (§ 15 OWiG) oder

2.

rechtfertigendem Notstand (§ 16 OWiG)

begangen wurde.

Grundsätzlich kann die Geschwindigkeitsüberschreitung durch den rechtfertigenden Notstand gem. § 16 OWiG gerechtfertigt sein (OLG Köln, NZV 1995, 119; OLG Düsseldorf, NZV 1996, 250). Der eigentliche Rechtfertigungstatbestand § 15 OWiG spielt so gut wie keine Rolle (Göhler, OWiG § 15 Anm. 1). Letztendlich gibt das Notwehrrecht keine Eingriffsbefugnis in Rechtsgüter unbeteiligter Dritter, wobei auch die Vorschriften zum Schutz der Allgemeinheit unter den Begriff des "Dritten" gefasst werden (KK OWiG -Rengier, § 15 Anm. 18 ff.).

Tabelle rechtfertigender Notstand

Sachverhalt

Gericht/Fundstelle

Im Zivilstreifenwagen nachfolgenden Polizeibeamten für Räuber gehalten

verneint: OLG Hamm, VRS 50, 390; a.A.: OLG Hamm, VRS 35, 342: Putativnotstand

Arztfahrt zu Herzanfallpatient, Zeitgewinn von allenfalls einer Minute, besonders stark befahrene Stadtautobahn, Höchstgeschwindigkeit um 50 km/h überschritten

verneint: KG, VRS 53, 60

starke Bauchschmerzen

verneint: OLG Düsseldorf, VRS 54, 160

Rettung eines Wellensittichs, 54 km/h Überschreitung

verneint: OLG Düsseldorf, VRS 1990, 144 = NJW 1990, 2264

Taxifahrer befördert eine schwangere Frau mit einsetzenden Wehen

bejaht: OLG Düsseldorf, DAR 1995, 168 = VRS 88, 454 = NZV 1996, 122