Erbrecht -

Auskunftsanspruch des Erben gegen den Beschenkten

OLG Brandenburg, Urt. v. 16.03.2011 – 13 U ZR 79/10

Dem Erben steht gegen den Beschenkten kein Auskunftsanspruch gem. § 2314 BGB zu. Ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB erstreckt sich in der Regel nicht auf den nach dem Erbfall erzielten Verkaufserlös der verschenkten Sache.

Darum geht es:

Der Erblasser verstarb im Jahr 1996. Er wurde von seinen beiden Töchtern jeweils zur Hälfte beerbt. Eine der beiden Töchter ist die Klägerin. Sie fordert vom Sohn ihrer Schwester, dem Beklagten, Auskunft über die Höhe des von ihm durch die Veräußerung von Grundstücken erzielten Erlöses. Die Grundstücke sind dem Beklagten von seinem Großvater im Jahr 1988 schenkweise übertragen worden.
Als der Beklagte die Grundstücke von 1999 bis 2002 gewinnbringend veräußerte, erhob die Klägerin – damals durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten – Stufenklage auf Auskunft und Befriedigung ihrer Pflichtteilsergänzungsansprüche. Die Klägerin musste die Klage wegen der Verjährung des Anspruchs jedoch zurücknehmen.

Das vorliegende Auskunftsbegehren dient nun der Vorbereitung der Durchsetzung eines Schadenersatzanspruchs der Klägerin gegen den früheren Rechtsanwalt wegen anwaltlicher Pflichtverletzung durch schuldhaftes Versäumen der Unterbrechung der Verjährung.
Das LG Cottbus hat der Auskunftsklage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Als Erbin steht der Klägerin kein Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB zu, da dieser Anspruch ausschließlich dem pflichtteilsberechtigten Nichterben zusteht. Ebenso scheidet vorliegend der allgemeine Auskunftsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB aus. Jedenfalls umfasst dieser Anspruch nicht die hier begehrte Auskunft über die Höhe des Verkaufspreises der pflichtteilsrelevanten Grundstücke einige Jahre nach dem Tod des Schenkers.

Nach § 2225 Abs.2 BGB ist bei der Berechnung der Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs der Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt des Erbfalls maßgebend. Hatte das Grundstück zum Zeitpunkt der Schenkung einen geringeren indexierten bzw. inflationsbereinigten Wert, ist dieser für die Berechnung heranzuziehen (sog. Niederstwertprinzip).

Mit dieser Regelung sollen Wertsteigerung, die zwischen der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch und dem Todesfall bzw. sogar erst nach dem Todesfall eintreten, dem Pflichtteilsergänzungsberechtigten nicht zum Vorteil gereichen.
Da es damit für die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs in aller Regel nicht auf den Wert der Grundstücke einige Jahre nach dem Erbfall ankommt, besteht auch kein diesbezüglicher „allgemeiner“ Auskunftsanspruch aus § 242 BGB.

Folgerungen aus der Entscheidung:

Die Klägerin hätte mit ihrem Auskunftsbegehren allenfalls dann Erfolg gehabt, wenn sie dargelegt und bewiesen hätte, dass der Veräußerungserlös, der einige Jahre nach dem Erbfall erzielt wurde, auch schon bei einem Verkauf zum Zeitpunkt des Erbfalls hätte erzielt werden können.

Dazu hätte in Anlehnung an die Urteile des BGH vom 14.10.992 (IV ZR 211/91) und vom 21.11.2010 (IV ZR 124/09) u.a. vorgetragen werden müssen, dass die Marktverhältnisse zwischen Erbfall und Verkauf gleich geblieben sind und damit der Veräußerungserlös für den Wert der Grundstücke beim Erbfall von Bedeutung ist.

Hinzu kommt, dass den vorgenannten Urteilen die Berechnung des pflichtteilsrelevanten Nachlasswerts zugrunde lag und nicht etwa die Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche. Bei den Pflichtteilsergänzungsansprüchen ist das Niederstwertprinzip anzuwenden und damit meist der geringere indexierte Wert des Geschenks zum Zeitpunkt der Schenkung maßgebend.

Praxishinweis:

Der allgemeine Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben nach § 242 BGB steht dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber dem beschenkten Miterben oder dem beschenkten Dritten grundsätzlich nur unter folgenden, von der Rechtsprechung entwickelten und teils noch streitigen Voraussetzungen zu:

  1. Der pflichtteilsberechtigte Erbe ist in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang der Schenkung im Unklaren,
  2. Es liegen „gewissen Anhaltspunkte“ oder „hinlängliche Anhaltspunkte“ für eine Schenkung vor. Der pflichtteilsberechtigte Erbe missbraucht den Anspruch also nicht zu einer reinen Ausforschung des Beschenkten.
  3. Der pflichtteilsberechtigte Erbe kann sich die Informationen nicht auf andere ihm zumutbare Weise beschaffen, er ist also auf die Mitwirkung des Beschenkten angewiesen.
  4. Der Beschenkte ist in der Lage, die erbetene Auskunft ohne großen Aufwand zu erteilen.


Die Geltendmachung eines solchen Auskunftsanspruchs bedarf also einer gewissenhaften Darlegung sämtlicher von der Rechtsprechung entwickelter Voraussetzungen. Der pflichtteilsberechtigte Erbe muss insbesondere seine vergeblichen Bemühungen, selbst an die gewünschten Informationen zu gelangen, ausführlich darlegen und unter Beweis stellen.

Quelle: RA Ralf Mangold - vom 17.05.11