Erbrecht -

Nachweis der Erbfolge beim Grundbuchamt

Das Grundbuchamt hat eine Verfügung von Todes wegen aus einer öffentlichen Urkunde grundsätzlich vorzunehmen, es sei denn, dass Zweifel tatsächlicher Art am behaupteten Erbrecht bestehen.

Darum geht es

Die Erblasserin hatte mit ihrem Ehemann einen notariellen Erbvertrag geschlossen. Darin war verfügt, dass die Eheleute sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Für den Fall des Vorversterbens sollte der jeweils andere Vorerbe sein und der Antragsteller, das einzige gemeinsame Kind, Nacherbe werden. Nachdem die Erblasserin verstorben war, wurde der Erbvertrag am 26.01.2009 eröffnet. Ihr Ehemann schlug die Erbschaft mit notarieller Erklärung beim Nachlassgericht am 20.02.2009 aus.

Am 01.03.2009 beantragte der Antragsteller beim Nachlassgericht Berichtigung des Grundbuchs unter Bezugnahme auf die Nachlassakte. Kurz darauf stellte das eingeschaltete Grundbuchamt fest, dass eine Eintragung nicht erfolgen könne, da die Erbschaft nicht feststehe und durch Erbschein nachzuweisen sei mit Frist bis zum 26.05.2009. Dies verweigerte der Antragsteller, da sich die Erbfolge aus den öffentlichen Urkunden und der Nachlassakte eindeutig ergebe. Daraufhin wies das Grundbuchamt den Grundbuchberichtigungsantrag zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde gem. §§ 71 Abs. 1, 73 GBO ist begründet.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Grundbuchamt hat die Grundbuchberichtigung zu Unrecht von der Vorlage eines Erbscheines abhängig gemacht.

Der Normalfall

Grundsätzlich ist der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt durch einen Erbschein zu führen. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es, wenn anstatt des Erbscheins diese Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung dieser Verfügung vorgelegt wird. Die Vorlegung kann ersetzt werden durch Verweis auf Akten desselben Amtsgerichts, in denen diese Urkunden enthalten sind.

Die Ausnahme

Einen Erbschein kann das Grundbuchamt nur verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel tatsächlicher Art ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen des Nachlassgerichts geklärt werden können. Wegen der Formulierung des § 29 GBO ist eine Aufklärung tatsächlicher Verhältnisse durch das Grundbuchamt nicht möglich (BayObLG, DRsp. Nr. 1995/1230 = DNotZ 1995, 306 ff.; BayObLG, DRsp. Nr. 2000/2960 = RPfleger 2000, 266; OLG Hamm, FG Prax 1997, 48 ff.; OLG Köln, DRsp. Nr. 2000/3387 = MDR 2000, 585).

Es ist aber inzwischen anerkannt, dass es im Fall einer öffentlich beurkundeten letztwilligen Verfügung Aufgabe des Grundbuchamts ist, das gesamte Urkundenmaterial der Nachlassakte einschließlich der dort getroffenen Feststellungen zu verwerten (BayObLGZ 1974, 1 ff; OLG Hamm, NJW-RR 1997, 1095 f.; LG Arnberg, RPfleger 1991, 451 f.). Die Feststellungspflicht des Grundbuchamts endet dort, wo zur Ausräumung konkreter Zweifel weitere, dem Grundbuchamt in der Regel verwehrte Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht notwendig wären. Das gilt nicht für Fragen, die durch Auslegung beantwortet werden können.

Auslegung durch das Grundbuchamt

Grundsätzlich ist das Grundbuchamt zu einer eigenständigen Auslegung eines öffentlichen Testaments verpflichtet. Das gilt auch dann, wenn rechtlich schwierige Fragen zu beurteilen sind (OLG München FamRZ 2009, 460 f.; BayObLG, DRsp. Nr. 1995/1230 = DNotZ 1995, 306 ff.; BayObLG, DRsp. Nr. 2000/2960 = RPfleger 2000, 266; OLG Köln, DRsp. Nr. 2000/3387 = MDR 2000, 585).

Im vorliegenden Fall war das Grundbuchamt zur Prüfung und Auslegung der Verfügung von Todes wegen selbst zuständig. Hierbei muss es gesetzliche Auslegungsregeln wie beispielsweise die des §2102 Abs. 1 BGB, wonach die Einsetzung als Nacherbe im Zweifel auch die Einsetzung als Ersatzerbe enthält, beachten und gegebenenfalls anwenden (OLG Stuttgart, DRsp. Nr. 1999/10815 = NJW-RR 1992, 516; OLG Köln, DRsp. Nr. 2000/3387 = MDR 2000, 585; Böhringer ZEV 2001 ,387 ff.).

Ausschlagungsfrist §§ 1944, 1945 BGB

Die Ausschlagung der Erbschaft durch den Ehemann ist auch innerhalb der sechs Wochenfrist des § 1944 BGB erfolgt. Gem. § 1944 Abs. 2 BGB beginnt sie mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, so beginnt die Frist nicht vor Verkündung der Verfügung (vgl. § 1945 Abs. 2 Satz 2 BGB). Der früheste mögliche Fristbeginn ist folglich derjenige der Eröffnung der letztwilligen Verfügung nach § 2260 BGB.

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass theoretische bzw. abstrakte Möglichkeiten bezüglich einer anderweitigen Erbfolge außer Betracht zu bleiben haben. Das gilt zumindest solange weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass irgendwelche Nachforschungen geboten wären.

Quelle: LG Aschaffenburg - Beschluss vom 12.08.09