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Verhältnis zwischen Datenschutz und Pressefreiheit

In Finnland werden jedes Jahr in den Regionalzeitschriften die Namen und Einkommen von Personen veröffentlicht, deren Einkommen bestimmte Schwellenwerte überschreitet.

Dies ist zulässig, wenn die Verbreitung der personenbezogenen Daten den Zweck hat, Informationen, Meinungen oder Ideen in der Öffentlichkeit zu verbreiten.

Die Gesellschaft Markkinapörssi erfasst seit Jahren öffentliche Daten bei den finnischen Steuerbehörden, um diese jährlich auszugsweise in den Regionalausgaben der Zeitschrift Veropörssi zu veröffentlichen. Die dort veröffentlichten Informationen umfassen den Namen und den Vornamen von etwa 1,2 Millionen natürlichen Personen, deren Einkommen bestimmte Schwellenwerte überschreitet, sowie auf 100 Euro genau deren Einkommen aus Kapital und Erwerbstätigkeit und Angaben zur Besteuerung ihres Vermögens. Diese Informationen werden in Gestalt einer alphabetischen Liste nach Gemeinde und Einkommenskategorie geordnet veröffentlicht.

Markkinapörssi und Satamedia, ein verbundenes Unternehmen, an das die betreffenden Daten auf einer CD-Rom weitergegeben wurden, schlossen eine Vereinbarung mit einem Mobilfunkunternehmen, das für Rechnung von Satamedia einen Kurzmitteilungsdienst einrichtete, der es Nutzern von Mobiltelefonen ermöglicht, sich gegen Zahlung von etwa zwei Euro die in der Zeitschrift Veropörssi veröffentlichten Daten auf ihr Telefon senden zu lassen. Auf Antrag werden die personenbezogenen Daten aus diesem Dienst entfernt.

Auf Beschwerden von Privatpersonen hin, die eine Verletzung ihrer Privatsphäre rügten, beantragte der Datenschutzbeauftragte, dass Markkinapörssi und Satamedia untersagt wird, ihre Tätigkeiten in Bezug auf die in Rede stehende Verarbeitung personenbezogener Daten fortzuführen.

Der Korkein hallinto-oikeus, der als oberstes finnisches Verwaltungsgericht in letzter Instanz über diesen Antrag zu entscheiden hat, hat den Gerichtshof um die richtige Auslegung der Gemeinschaftsrichtlinie 95/46/EG zum Datenschutz ()Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31) ersucht. Das finnische Verwaltungsgericht möchte insbesondere wissen, unter welchen Voraussetzungen die in Rede stehenden Tätigkeiten als eine allein zu journalistischen Zwecken erfolgende Datenverarbeitung angesehen werden kann und demzufolge bei diesen Tätigkeiten Ausnahmen oder Einschränkungen in Bezug auf den Datenschutz gemacht werden können.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die Tätigkeiten von Markkinapörssi und Satamedia als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der Richtlinie 95/46/EG anzusehen sind, selbst wenn die verwendeten Behördendateien nur in Medien veröffentlichtes Material als solches enthalten. Andernfalls liefe die Richtlinie weitgehend leer. Es würde nämlich ausreichen, dass die Mitgliedstaaten Daten veröffentlichen ließen, um sie dem von der Richtlinie vorgesehenen Schutz zu entziehen.

Anschließend erinnert der Gerichtshof daran, dass die Mitgliedstaaten den freien Verkehr personenbezogener Daten ermöglichen und gleichzeitig den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung dieser Daten gewährleisten müssen. Um den Schutz der Privatsphäre und die Freiheit der Meinungsäußerung miteinander in Einklang zu bringen, sind die Mitgliedstaaten aufgerufen, bestimmte Ausnahmen oder Einschränkungen in Bezug auf den Datenschutz und damit hinsichtlich des Grundrechts auf Privatsphäre vorzusehen. Diese Ausnahmen dürfen allein zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, die unter das Grundrecht der Freiheit der Meinungsäußerung fallen, gemacht werden, soweit sie sich als notwendig erweisen, um das Recht auf Privatsphäre mit den für die Freiheit der Meinungsäußerung geltenden Vorschriften in Einklang zu bringen.

In Anbetracht der Bedeutung, die der Freiheit der Meinungsäußerung in jeder demokratischen Gesellschaft zukommt, müssen einerseits die damit zusammenhängenden Begriffe, zu denen der des Journalismus gehört, weit ausgelegt werden. Andererseits erfordert der Schutz der Privatsphäre, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Datenschutz auf das absolut Notwendige beschränken.

In diesem Kontext befindet der Gerichtshof, dass Tätigkeiten wie die von Markkinapörssi und Satamedia, die Daten betreffen, die aus Dokumenten stammen, die nach den nationalen Rechtsvorschriften öffentlich sind, als „journalistische Tätigkeiten“ eingestuft werden können, wenn sie zum Zweck haben, Informationen, Meinungen oder Ideen, mit welchem Übertragungsmittel auch immer, in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Journalistische Tätigkeiten sind nicht Medienunternehmen vorbehalten und können mit Gewinnerzielungsabsicht verbunden sein. Es ist nunmehr Sache des Korkein hallinto-oikeus, zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tätigkeiten ausschließlich zum Ziel haben, Informationen, Meinungen oder Ideen in der Öffentlichkeit zu verbreiten.

Quelle: EuGH - Pressemitteilung vom 16.12.08