Sozialrecht, Familienrecht -

Elternbeirat einer Kita gesetzlich unfallversichert

Ehrenamtliche Elternbeiräte eines kommunalen Kindergartens können auch dann gesetzlich unfallversichert sein, wenn sie für eine Kita-Veranstaltung auf ihrem Privatgrundstück tätig sind. Das hat das Bundessozialgericht entschieden und damit den Vorinstanzen widersprochen. Im Streitfall hatte sich ein Elternbeirat bei Sägearbeiten zur Vorbereitung eines „Weihnachtsbasars“ schwer verletzt.

Darum geht es

Der Kläger war Mitglied des Elternbeirates eines kommunalen Kindergartens. Im Jahr 2017 sollte der Kläger nach Absprache im Elternbeirat für den jährlich stattfindenden Weihnachtsmarkt des Kindergartens Baumscheiben beschaffen und zurecht schneiden, um diese auf dem Basar des Weihnachtsmarktes zu verkaufen.

Der Erlös war für Projekte des Kindergartens vorgesehen. Am 18.11.2017 schnitt der Kläger auf seinem Privatgrundstück die Baumscheiben zu. Dabei geriet seine linke Hand in die Kreissäge, woraufhin er seinen Mittel- und Ringfinger verlor. Die beklagte Unfallkasse lehnte es ab, das Ereignis als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Klage und Berufung waren erfolglos. Versicherungsschutz wegen einer ehrenamtlichen Tätigkeit für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts scheide aus. Der Kläger habe sich zwar unentgeltlich für den Kindergarten betätigt, dessen Trägerin die Gemeinde gewesen sei. 

Es fehle aber an der Zuordnung der unfallbringenden Tätigkeit zum qualifizierten Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Gemeinde.

Die Tätigkeit des Klägers auf seinem Privatgrundstück bewege sich außerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereiches der Gemeinde beziehungsweise des Kindergartens, da diese keine Einwirkungsmöglichkeiten gehabt hätten.

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts (§ 8 Absatz 1, § 2 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a SGB VII). Er habe für eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in deren Auftrag, jedenfalls aber mit ausdrücklicher Einwilligung eine ehrenamtliche Tätigkeit ausgeführt. 

Für den Unfallversicherungsschutz sei es nicht erforderlich, die versicherte Tätigkeit an einem bestimmten Ort durchzuführen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundessozialgericht Erfolg. 

Anders als die beklagte Unfallkasse und die Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht das Ereignis vom 18.11.2017 als Arbeitsunfall anerkannt. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher aufzuheben.

Der Kläger war im Unfallzeitpunkt als gewähltes Mitglied des Elternbeirats innerhalb des gesetzlichen Aufgabenkreises der Gemeinde als Trägerin des Kindergartens und des gesetzlichen Aufgabenkreises des Elternbeirats ehrenamtlich mit dieser Handlungstendenz tätig. 

Die Durchführung des Weihnachtsmarktes einschließlich des Weihnachtsbasars gehörte zu diesen Aufgabenkreisen, wie die Vorinstanz unter Auslegung des Thüringer Landesrechts verbindlich festgestellt hat.

Im Übrigen hatten Kindergarten und Elternbeirat dem Kläger die unfallbringenden Sägearbeiten konkret übertragen. Die Tätigkeit bewegte sich insoweit innerhalb des organisatorischen Verantwortungsbereiches der Gemeinde. 

Fehlende Einwirkungsmöglichkeiten auf dem Privatgrundstück des Klägers sind ohne Auswirkungen auf den Versicherungsschutz. Der Schutz ehrenamtlich Tätiger erstreckt sich ohne zeitliche und örtliche Begrenzung auf alle Tätigkeiten „für“ die im Gesetz genannten Einrichtungen.

BSG, Urt. v. 05.12.2023 - B 2 U 10/21 R

Quelle: BSG, Pressemitteilung v. 05.12.2023 und Terminmitteilung v. 29.11.2023

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