Sozialrecht, Arbeitsrecht -

Virusinfektion: Unfallversicherung muss für Erschöpfungssyndrom zahlen

Wer aufgrund seines Berufs an einem Virus erkrankt und deshalb ein Chronisches Fatigue-Syndrom (CFS) ausbildet, ist durch die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) zu entschädigen. Das hat das LSG Berlin-Brandenburg klargestellt. Im Streitfall hatte sich eine Erzieherin an einer Schule mit Ringelröteln infiziert. Die Berufsgenossenschaft erkannte das CFS aber nicht an.

Darum geht es

Die im Jahr 1969 geborene Klägerin war als Erzieherin in einer Grundschule im östlichen Berliner Umland tätig. 

Dort erkrankten im Januar 2012 sechs Kinder an Ringelröteln. Kurz darauf musste sich die Erzieherin unter anderem wegen Schwellungen und Schmerzen an ihren Gelenken in stationäre ärztliche Behandlung begeben. 

Labordiagnostisch konnte ein Parvovirus B19 gesichert werden, der als Auslöser der sogenannten Ringelröteln gilt. 

Im Jahr 2014 erkannte die Berufsgenossenschaft die von der Erzieherin durchgemachte Infektion im Grundsatz als Berufskrankheit Nr. 3101 an. 

Zugleich lehnte die Berufsgenossenschaft es allerdings ab, eine starke körperliche und geistige Erschöpfung, unter der die Klägerin nach der Infektion litt, auf die Ringelröteln zurückzuführen und zu entschädigen.

Die Erzieherin klagte erfolgreich vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder). 

Das Sozialgericht stellte nicht nur das CFS als Folge der Berufskrankheit fest, sondern verurteilte die Berufsgenossenschaft unter anderem auch zur Zahlung einer Rente wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von zeitlich gestaffelt 60 bzw. 80 %. 

Hiergegen legte wiederum die Berufsgenossenschaft Berufung vor dem LSG Berlin-Brandenburg ein.

Wesentliche Entscheidungsgründe 

Das LSG Berlin-Brandenburg hat die Feststellung des CFS als Folge der Virusinfektion bestätigt, die Höhe der der Klägerin zu zahlenden Rente aber auf 40 % herabgesetzt. 

Mehrere im Verlauf des Verfahrens eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten hätten den nicht bloß zeitlichen Zusammenhang zwischen der Infektion mit Ringelröteln und der Entwicklung eines CFS bei der Klägerin überzeugend dargelegt. 

Im Hinblick auf die Bemessung der Höhe der MdE bestünden beim CFS indes keine qualifizierten unfallmedizinischen Erfahrungssätze. 

Berücksichtigung finden könne hier die „Begutachtungsempfehlung Post COVID“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, nach der eine stärker ausgeprägte Fatigue-Symptomatik generell mit einer MdE von 30 % zu bewerten sei. 

Treten weitere Symptome hinzu, könne dieser Wert erhöht werden. In Anbetracht der bei der Klägerin virusbedingt bestehenden chronischen Muskel- und Gelenkschmerzen sei es hier gerechtfertigt, der Rente eine MdE von insgesamt 40 % zugrunde zu legen.

 Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. 

Die Klägerin und die Beklagte können beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen. 

LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.11.2025 - L 3 U 206/19

Quelle: LSG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung v. 17.12.2025

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