Verkehrsrecht -

Entzug der Fahrerlaubnis trotz rechtswidrig entnommener Blutprobe

VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.06.2010 - Az: 10 S 4/10

Die Fahrerlaubnisbehörde darf bei der Entziehung der Fahrerlaubnis das Ergebnis der gerichtsmedizinischen Untersuchung einer Blutprobe berücksichtigen, die unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt nach § 81 a Abs. 2 StPO entnommen worden ist.
Das hat der VGH Baden-Württemberg in einem Beschluss vom 21. Juni 2010 entschieden.

Darum geht es:
Kurz nachdem er selbst mit einem Auto gefahren war, wurde der Kläger bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle als Beifahrer überprüft. Da ein Urin-Drogenschnelltest positiv verlief, ordnete die Polizei die sofortige Entnahme einer Blutprobe an, ohne zuvor einen Richter einzuschalten. Die Analyse der Blutprobe ergab zweifelsfrei, dass der Kläger Amphetamin und Cannabis konsumiert hatte.

Dennoch sprach das Amtsgericht den Kläger im anschließenden Bußgeldverfahren frei, weil ihm nicht nachgewiesen werden konnte, dass er die Drogen bereits bei seiner eigenen Autofahrt eingenommen hatte und erst nicht danach. Weil er infolge des nachgewiesenen Drogenkonsums ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei, entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Kläger jedoch die Fahrerlaubnis.
Die dagegen - nach erfolglosem Widerspruch - erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung machte der Kläger insbesondere geltend, die Behörde habe das Untersuchungsergebnis der Blutprobe nicht verwerten dürfen, da diese ohne die nach § 81 a Abs. 2 StPO erforderliche Zustimmung eines Richters entnommen worden sei. Der Antrag blieb erfolglos.

Wesentliche Entscheidungsgründe:
Nach Auffassung des Gerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Bereits der einmalige Konsum eines Betäubungsmittels, ausgenommen Cannabis, führe im Regelfall zur Fahrungeeignetheit. Dass der Kläger bei der Verkehrskontrolle nur Beifahrer gewesen sei, sei dabei unerheblich.


Auch dass die Polizei die Blutprobe ohne richterliche Anordnung entnommen habe, stehe der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht entgegen. Dabei könne offen bleiben, ob eine richterliche Anordnung nicht ausnahmsweise – wegen Gefahr im Verzug - entbehrlich gewesen sei. Denn selbst wenn sie erforderlich gewesen wäre, folge aus einem Verstoß gegen Richtervorbehalt der Strafprozessordnung kein Beweisverwertungsverbot für die Fahrerlaubnisbehörde.

Denn selbst wenn ein solches strafprozessuales Verwertungsverbot unterstellt werde, gelte es jedenfalls nicht für Entziehungsverfahren der Fahrerlaubnisbehörde. Deren Aufgabe sei nicht die Verfolgung und Ahndung von Rechtsverstößen, sondern der – auch vorbeugende - Schutz Dritter vor Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgingen. Dabei gehe es um hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit.


Schließlich habe die Fahrerlaubnisbehörde den Verstoß gegen den Richtervorbehalt auch nicht selbst zu verantworten. Denn - anders als die StPO - sähen weder das Straßenverkehrsgesetz noch die Fahrerlaubnisverordnung für die Anordnung ärztlicher Untersuchungen einen Richtervorbehalt vor.

Quelle: VGH Baden-Württemberg - Pressemitteilung vom vom 24.08.10