10.75
Die Haftverschonung i.S.d. Außervollzugsetzung des Haftbefehls ist in der Praxis eine Maßnahme, von der häufig Gebrauch gemacht wird, und sollte deshalb stets auch vom Verteidiger bedacht werden.
Nach § 116 StPO kann ein Haftbefehl unter gewissen Voraussetzungen außer Vollzug gesetzt werden. Die Norm stellt eine besondere Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar.260) LG München, StV 2014, 628; SSW-StPO/Herrmann, § 116 Rdnr. 1. |
Ein Haftbefehl, der wegen Fluchtgefahr erlassen wurde, kann nach den Regelungen des § 116 Abs. 1 StPO außer Vollzug gesetzt werden. Stützt sich der Haftbefehl auf Verdunkelungsgefahr, ist für die Außervollzugsetzung § 116 Abs. 2 StPO maßgebend. Liegt dem Haftbefehl Wiederholungsgefahr zu Grunde, dann ist § 116 Abs. 3 StPO einschlägig. Ein nach § 230 Abs. 2 StPO erlassener Haftbefehl kann in entsprechender Anwendung der §§ 116 ff. StPO z.B. gegen Sicherheitsleistung oder gegen Anordnung einer Meldeauflage außer Vollzug gesetzt werden.261) BVerfG, NJW-Spezial 2018, 24; OLG Frankfurt, StV 2005, 432; Rinklin, Hauptverhandlung, Kap. 5, S. 106. |
Ferner kann auch ein Haftbefehl, dem der Haftgrund der Schwere der Tat (vgl. Rdnr. 10.40) zu Grunde liegt, außer Vollzug gesetzt werden.262)BGH-StV 2016, 443; OLG Celle, StV 2005, 620; OLG Oldenburg, StV 2008, 84; Meyer-Goßner/Schmitt, § 116 Rdnr. 18; Burhoff, Ermittlungsverfahren, Rdnr. 794, m.w.N. |