2.1.4 Der objektive Tatbestand des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB

Autor: Schladt

A2.16

Der objektive Tatbestand enthält einen abschließenden Katalog von Straßenverkehrspflichten, die sich auf besondere gefährliche Verhaltensweisen im Straßenverkehr beziehen und gegen die entsprechend strafbewehrt verstoßen werden kann. In der Literatur findet sich begrifflich die Formulierung der sogenannten "7 Todsünden" des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB.50)

2.1.4.1 Missachtung der Vorfahrt (§ 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB)

A2.17

Hier meint § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB nicht nur die allgemeine Vorfahrtsregelung des § 8 StVO (Beachtung bei Kreuzungen/Einmündungen). Es gilt vielmehr der sogenannte "erweiterte Vorfahrtsbegriff": Hierunter fallen alle Verkehrsvorgänge, bei denen die Fahrlinien zweier Fahrzeuge bei unveränderter Fahrtrichtung und Fahrweise zusammentreffen oder einander so gefährlich nahekommen, dass sich der Verordnungsgeber veranlasst gesehen hat, durch eine ausdrückliche besondere Vorschrift einem Verkehrsteilnehmer den Fahrtvorrang vor dem anderen einzuräumen.51) Dazu gehören also alle Fälle, in denen eine straßenverkehrsrechtliche Vorschrift einem Verkehrsteilnehmer den Fahrtvorrang einräumt, also auch § Satz 1 . Letztlich unterscheidet man zwischen "Vorfahrt" und "Vortrittsrecht". Der Bundesgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die Vorschrift in allen vorfahrtsvergleichbaren Verkehrssituationen anwendbar sei und damit ein sogenannter Geltung hat.