Reform der GbR: Worauf Sie als Rechtsanwalt acht geben müssen!

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Die GbR bleibt im BGB an der hergebrachten Stelle (16. Titel, §§ 705 ff. BGB) geregelt. Der Wortlaut ist aber praktisch fast völlig neu gefasst. Die gesetzliche Regelung ist zunächst übersichtlicher als die bisherige. Es gibt drei Untertitel:

  • Allgemeine Bestimmungen (§ 705 BGB),
  • Rechtsfähige GbR (§§ 706-739 BGB) und
  • Nichtrechtsfähige GbR (§§ 740-740 c BGB).

Leitbild der Neuregelung ist die rechtsfähige GbR, die man sich als quasi „kleine OHG“ vorstellen kann. Das Recht der nichtrechtsfähigen GbR besteht im Wesentlichen aus Verweisungen auf das Recht der rechtsfähigen GbR.

Der zweite Untertitel ist in sechs Kapitel gegliedert:

  • Sitz und Registrierung,
  • Innenverhältnis,
  • Außenverhältnis,
  • Ausscheiden eines Gesellschafters,
  • Auflösung,
  • Liquidation.

Die rechtsfähige GbR (Außengesellschaft)

Grundvoraussetzung einer GbR, sei sie rechtsfähig oder nichtrechtsfähig, ist nach wie vor der Gesellschaftsvertrag. Die gesetzliche Definition bleibt unverändert: „Vertrag zu einem gemeinsamen Zweck, den zu fördern sich die Gesellschafter verpflichten“. Der Gesetzgeber hat lediglich das Wort „gegenseitig“ gestrichen, ohne dass sich die Definition inhaltlich verändert. Diese Streichung dient nur der Klarstellung, dass die §§ 320 ff. BGB auf die GbR nicht anzuwenden sind.

Die GbR ist im geltenden Recht eine Gesamtheitsgemeinschaft, §§ 718-720 BGB. Diese Normen werden gestrichen. Durch das neue Recht erwirbt die rechtsfähige GbR (und zwar nicht als Gesamthand) nunmehr ihr Vermögen als selbständiger Rechtsträger.

Nach wie vor gilt der Grundsatz der gemeinsamen Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft durch alle Gesellschafter. Es kann Abweichendes vereinbart werden. Die Vertretungsmacht ist erweitert, sie ist allumfassend, Beschränkungen sind Dritten gegenüber unwirksam, § 720 Abs. 3 BGB nF. Diese Verschärfung kann von den Gesellschaftern nicht abbedungen werden.

Der Bundesgerichtshof hat sich bei der Haftung der Gesellschafter einer GbR an das strenge akzessorische Haftungsmodell der OHG angeschlossen und für nur wenige Sonderfälle Ausnahmen zugelassen. Das MoPeG folgt dem und wiederholt das OHG-Recht in den §§ 721-721 b BGB nF.

Es ist nicht abzusehen, ob eine Kommandit-GbR rechtssicher etabliert werden kann oder ähnliche Haftungsbeschränkungen wirksam sind. Für rechtssichere Haftungsbeschränkungen ist jedenfalls nach dem Konzept des Gesetzes, wenn die Rechtsprechung nicht eher überraschend Ausnahmen zulässt, die GbR auch nach neuem Recht ungeeignet.

Die fünfjährige Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der GbR gilt auch im neuen Recht. Allerdings beginnt nach geltendem Recht diese Frist erst zu laufen, wenn der Gläubiger von dem Ausscheiden des Gesellschafters positive Kenntnis hat. Nunmehr dürfte die Austragung aus dem Gesellschaftsregister ausreichend sein. Außerdem sind von der Nachhaftung ausgenommen Schadensersatzforderungen für Pflichtverletzungen, die erst nach dem Ausscheiden des Gesellschafters erfolgt sind (§ 728 b Abs. 1 S. 2 BGB nF; ebenso für die OHG § 137 Abs. 1 S. 2 HGB nF).

Der eintretende Gesellschafter (auch als Erbe) haftet sowohl bei Einzelrechtsnachfolge als auch bei Gesamtrechtsnachfolge voll, §§ 721 a, 711 BGB.

Beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters kommt es grundsätzlich gemäß § 712 a BGB, entsprechend § 105 Abs. 3 HGB i.V.m. § 712 a BGB bzw. § 1 Abs. 4 PartGG, zur Anwachsung.

Wenn der Komplementär als vorletzter Gesellschafter  einer KG ausscheidet, führt dies nach derzeitiger Rechtslage nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern zur liquidationslosen Vollbeendigung und der Gesamtrechtsnachfolge ihres einzigen verbleibenden Gesellschafters.

Dies gilt nunmehr wie folgt:

GbR: § 712 a BGB: Gesellschaft erlischt ohne Liquidation, Gesellschaftsvermögen geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über, wenn dieser sich hierzu bereit erklärt.

OHG/KG ebenso, § 105 Abs. 3 HGB, aber unklar, wenn der Komplementär als Vorletzter ausscheidet.

PartG: § 1 Abs. 4 PartGG: wie GbR

Der Gesellschaftsvertrag bleibt formfrei.

Gesellschafterversammlung, Beschlussfassung, Beschlussanfechtung sowie Stimmverbote bleiben ungeregelt. Eine Analogie zum neuen Beschlussmängelrecht der OHG dürfte nicht möglich sein (str.), da der Gesetzgeber bewusst von seiner ursprünglichen Absicht Abstand genommen hat, das neue Beschlussmängelrecht der Handelsgesellschaften auf die GbR zu übertragen.

Die Stimmenverteilung in der Gesellschafterversammlung richtet sich nicht mehr nach den Kopfteilen, sondern, wenn nichts anderes vereinbart ist, nach den Beteiligungsverhältnissen, § 709 Abs. 3 BGB nF.

Der Haftungsmaßstab der eigenüblichen Sorgfalt, § 708 BGB aF, wird abgeschafft.

Inhaltlich kaum verändert, aber klarer und ausführlicher geregelt, sind die Bestimmungen zum Ausscheiden von Gesellschaftern (§§ 723-728 b BGB nF) sowie zur Auflösung (§§ 729-734 BGB nF) und Liquidation (§§ 735-739 BGB nF). Die Ähnlichkeit zum Recht der OHG ist groß. Nunmehr führen Tod, Kündigung und Insolvenz eines Gesellschafters nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft, sondern nur zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters (§ 723 BGB nF).

Das Gesellschaftsregister

Das Gesellschaftsregister wird bei den Amtsgerichten geführt.

Es ist noch unklar, ob das Gesellschaftsregister quasi als neue Abteilung des Handelsregisters organisiert wird. Unklar ist ebenfalls noch, ob es bei jedem Amtsgericht geführt wird oder nur bei den Registergerichten. Es gibt offenbar eine Ermächtigungsnorm für den Landesverordnungsgeber. Von dieser Ermächtigung hat z. B. NRW noch nicht Gebrauch gemacht. Es wird allgemein damit gerechnet, dass das GbR-Register wohl faktisch an das Handelsregister in irgendeiner Form „angegliedert“ wird. Vermutlich verwenden die Gerichte auch die Software der Handelsregister für das Gesellschaftsregister. Formell ist jedoch noch nichts entschieden.

Das Gesellschaftsregister führt grundsätzlich der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1 lit. n RpflG nF.

Die Registeranmeldung erfolgt durch den Notar. Eine Online-Anmeldung ist zunächst nicht vorgesehen.

Praxistipp: Eine (Neu-)Anmeldung zum Gesellschaftsregister muss folgenden Mindestinhalt haben:

  • Angabe zur Gesellschaft,
  • Name (mit Rechstformzusatz eGbR),
  • Registersitz,
  • Anschrift,
  • Angabe zu den Gesellschaftern,
    • natürliche Person: Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnort oder
    • juristische Person o.ä.: Firma (oder Name)/Rechtsform/Registersitz/Registernummer
  • Vertretungsbefugnis,
  • Versicherung, dass keine  anderweitige Registrierung erfolgt ist.

Die Anmeldung muss grundsätzlich durch alle Gesellschafter erfolgen. Ggf. sind Registervollmachten rechtzeitig vorzubereiten.

Unklar bleibt Folgendes:

  • Nach bisheriger Rechtsprechung war die Erteilung einer Vollmacht durch die GbR an Bevollmächtigte unwirksam, wenn sich der Gesellschafterbestand änderte. Vermutlich ist diese Rechtsprechung aufzugeben.
  • Völlig unklar: Ist der Insolvenzvermerk bei Insolvenz eines Gesellschafters eintragungsfähig?
  • Eintragung von Testamentsvollstreckervermerk, Nießbrauch, Pfandrechte am Anteil o.ä. (vermutlich keine Änderung der bisherigen Rechtslage).

Noch einmal ist klarzustellen, dass die Rechtsfähigkeit der GbR nicht von ihrer Eintragung, sondern nur vom Willen der Gesellschafter abhängt. Es besteht also keine unmittelbare, bestenfalls eine mittelbare Eintragungspflicht, vgl. § 707 Abs. 1 BGB nF. Nur eingetragene Gesellschaften haben die Möglichkeit der freien Sitzwahl, vgl. § 706 BGB nF. So kann deshalb z.B. eine GbR nach dem neuen Recht ihre gesamten Tätigkeiten im Ausland ausüben, sofern sich der im Gesellschaftsregister angemeldete Vertragssitz im Inland befindet. Dies führt dazu, dass (nur die registrierte) GbR wie eine Kapitalgesellschaft einen Verwaltungs- und Vertragssitz trennen kann. Die Gesellschaft kann also ihren Verwaltungssitz in einem anderen Staat haben.

Die Vorteile der Registrierung überwiegen deutlich:

  • Nachweis der Existenz,
  • Nachweis der Vertretungsberechtigung,
  • Umwandlungsfähigkeit (§§ 3 Abs. 1 S. 1, 39 ff., 125, 191, 214 UmwG),
  • Grundbuchfähigkeit,
  • Registerfähigkeit für GmbH/Aktienregister/OHG/KG,
  • Rechtssichere Enthaftung für den ausscheidenden Gesellschafter fünf Jahre nach Eintragung des Ausscheidens,
  • Vorteile bei Gesellschaftsfinanzierungen usw.,
  • Rechtscheinwirkung,
  • keine „Ein-Mann-Gesellschaft“.

Faktisch ist außerdem nur eine eingetragene GbR ernstlich grundbuchfähig.

Bis jetzt ist noch nicht klar, ob eine Abrufgebühr für die Einsicht in das Gesellschaftsregister und Auszüge vorgesehen wird. Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungspflicht sieht vor, Abrufgebühren zukünftig entfallen zu lassen. Hier bleibt abzuwarten, ob dies so auch in Kraft tritt.

Eingetragene GbRs müssen Meldungen zum Transparenzregister vornehmen.

Grundbuchrecht der GbR nach der Reform

In der Praxis sind GbRs häufig als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Dies hatte verschiedene Gründe. Die GbR ist „beweglicher“ als die Bruchteilseigenschaft, bei der die Eigentümer als Miteigentümer eines ideellen Miteigentumsanteils im Grundbuch eingetragen sind. Letztere unterliegen nämlich den Transaktions- und Verfügungsvorgaben des Sachen- und Grundbuchrechts. Die Übertragung des Gesellschafteranteils einer GbR kann dagegen bedingt und befristet erfolgen. Sie bedarf nicht der notariellen Form.

Der „Eigentumsübergang“ erfolgt außerhalb des Grundbuchs, es bedarf nur einer Grundbuchberichtigung in der öffentlichen Form des § 29 GBO. Bereitet der Anwalt den Entwurf des Grundbuchberichtigungsantrags selbst vor, fallen nur Gebühren im zweistelligen Eurobereich an. Eine notarielle Beurkundung oder eine Unterschriftsbeglaubigung, bei der der Notar den Entwurf erstellt, kann daher bei hohen Werten hundert- oder auch tausendfach teurer sein.

Mit dieser Flexibilität steht jedoch die GbR im Konflikt zum strengen, auf rechtssicheren und publizitätswirksamen Rechtsverkehr ausgerichteten deutschen Grundbuchrecht. Ohne ein GbR-Register verschärfte sich die Rechtsprechung in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts so stark, dass Existenz, Identität und ordnungsgemäße Vertretung durch öffentliche Urkunden kaum noch nachweisbar waren. Mit einem GbR-Register und einer dem § 15 HGB entsprechenden Vermutungswirkung wird dies problemlos.

Ohne dieses Register musste der Gesetzgeber im Jahr 2009 dafür sorgen, dass jede GbR, die Rechte an einem Grundstück erwirbt, sich im jeweiligen Grundbuchblatt „registrieren“ lässt. Gemäß § 47 Abs. 2 GBO müssen seitdem (2009) wieder alle Gesellschafter einer grundbesitzerwerbenden GbR zwingend im Grundbuch eingetragen werden. Durch § 899 a BGB wird eine entsprechende grundbuchrechtliche Vermutungswirkung herbeigeführt.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 28. April 2011 (BGHZ 189, 274) das neue Recht überhaupt erst praxisfähig gemacht. Er hat § 47 Abs. 2 GBO teleologisch dahingehend ausgelegt, dass bei der GbR auf die eingetragenen Gesellschafter abzustellen ist und deren Erklärung zur Existenz und Vertretung ausreichend sind, sofern keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Unrichtigwerden des Grundbuchs erkennbar sind.

Das neue Recht schafft Klarheit: Es ist ausschließlich auf die Registerpublizität im Gesellschaftsregister abzustellen, denn eine im Gesellschaftsregister eingetragene GbR wird dann gemäß § 707 a Abs. 3 BGB nF guten Glauben im Sinne des § 15 HGB sowohl in dinglicher wie auch in schuldrechtlicher Hinsicht genießen. Auch das Recht der Publikums-GbR wird damit endlich wieder rechtssicher. Das neue Recht sieht vor, dass die Gesellschafter im Grundbuch nicht mehr vermerkt werden.

Die bisherigen Nachweisprobleme im Grundbuchverfahren (zum Gesellschaftsvertrag, zum Gesellschafterbestand usw.) stellen sich dann nicht mehr. Gesellschafterwechsel und Erbnachweise sind in Zukunft nach den Vorgaben des Handelsregisterrechts zu führen. Es erfolgt auch für nach altem Recht mit allen Gesellschaftern eingetragene Gesellschaften keine Berichtigung des Gesellschafterbestands im Grundbuch mehr. Vielmehr ist die GbR dann zunächst im Gesellschaftsregister zu registrieren und auf dieser Grundlage ist das Grundbuch richtigzustellen, Art. 229 § 21 Abs. 2 und 3 EGBGB.

Das neue Recht der GbR führt auch zu einer Änderung des § 47 Abs. 2 GBO. Zwar ist nach wie vor auch nach neuem Recht die Registrierung der Gesellschaft im GbR-Register nicht zwingend für ihr Entstehen (die Eintragung ist nur deklaratorisch). Ohne Registrierung im GbR-Register sind aber Grundbucheintragungen für eine GbR in Zukunft nicht mehr möglich. Entsprechendes gilt auch für Eintragungsbewilligungen zu Gunsten einer GbR, und zwar selbst dann, wenn diese GbR vor Inkrafttreten des Gesetzes im Grundbuch bereits registriert war.

Dies gilt also z.B. für die Eintragung einer Grundschuld zu Gunsten einer GbR oder aber selbst dann, wenn eine GbR nach altem Recht bereits im Grundbuch eingetragen ist und sich z.B. eine Eigentümerdienstbarkeit bewilligt hat.

Die nicht rechtsfähige GbR (Innengesellschaft)

Bisher beschränkte sich die Gerichtspraxis bei der Innengesellschaft auf die Frage, ob überhaupt eine Gesellschaft vorliegt. Gesetzliche Regelungen gab es überhaupt nicht.

Im Wesentlichen beschränken sich die neuen gesetzlichen Regelungen über die nichtrechtsfähige GbR auf entsprechende Anwendung der Vorschriften über die rechtsfähige GbR, § 740 Abs. 2 BGB nF. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Regelungen  über das Außenverhältnis, insbesondere Haftung und Vertretung, der rechtsfähigen GbR gerade nicht gelten, weil diese den wesentlichen Unterschied ausmachen. Vertreten und verpflichtet werden können bei der nichtrechtsfähigen GbR nur die einzelnen Gesellschafter.

Hierfür gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 164 ff., § 278, § 831 BGB usw.). Die nichtrechtsfähige GbR kann kein eigenes Vermögen bilden, § 740 Abs. 1 BGB nF. Damit ist auch Gesamthandvermögen ausgeschlossen. Bestenfalls können die Gesellschafter in Bruchteilsgemeinschaft, §§ 741 ff. BGB, oder im Rahmen von Treuhandkonstruktionen in einem untechnischen Sinne wirtschaftlich einer nichtrechtsfähigen GbR Vermögen zuweisen.

Die bisherigen Abgrenzungsfragen (zur Gefälligkeit oder zur Gemeinschaft) hat der Gesetzgeber auch in der Reform nicht geregelt, was auch kaum möglich sein dürfte.

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