Zustellvorschriften: Zustellung gegen Empfangsbekenntnis

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Die Geschäftsstelle des Gerichts kann von Amts wegen vorzunehmende Zustellungen dadurch bewirken, dass sie den zuzustellenden Schriftsatz den in § 175 Abs. 1 ZPO genannten Personen oder Einrichtungen mit der Aufforderung übersendet, den Empfang des Schriftstücks mittels Unterschrift und Datumsangabe zu bestätigen.

Die Übermittlung des Schriftstücks erfolgt dabei durch einfachen Brief, durch ein elektronisches Dokument (§ 173 ZPO) oder durch die Nutzung von Anwaltsfächern.

Ob im Einzelfall dem Adressaten in der vereinfachten Form des § 175 ZPO oder mittels Zustellungsurkunde zugestellt wird, liegt im Ermessen des Gerichts.

Hat sich ein Adressat als unzuverlässig bei der Rücksendung des Empfangsbekenntnisses erwiesen, wird das Gericht an diesen Zustellungen nur noch mit der kostenintensiven Zustellungsurkunde vornehmen.

Zustellung von Anwalt zu Anwalt

Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, kann ein Schriftstück gem. § 195 Abs. 1 ZPO dadurch zugestellt werden, dass der zustellende Anwalt das zu übergebende Schriftstück dem anderen Anwalt übermittelt (Zustellung von Anwalt zu Anwalt).

Dies gilt sowohl für Zustellungen im Parteibetrieb als auch für solche Schriftstücke, die von Amts wegen zuzustellen sind, soweit nicht gleichzeitig eine gerichtliche Anordnung mitzuteilen ist.

Zum Nachweis der Zustellung genügt auch insoweit das mit Datum und Unterschrift versehene schriftliche Empfangsbekenntnis des Anwalts, dem zugestellt worden ist (§ 195 Abs. 2 ZPO).

Empfangsbekenntnis Datum der Zustellung

Das Empfangsbekenntnis muss schriftlich, durch Telekopie oder als elektronisches Dokument (§ 130a ZPO) an das Gericht gesandt werden (§ 175 Abs. 4 ZPO).

Ein Formerfordernis für das Empfangsbekenntnis sieht das Gesetz derzeit nicht vor, eröffnet aber mit § 190 ZPO die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung bundeseinheitliche Vordrucke einzuführen.

Bis dato genügt eine mit Datum und eigenhändiger Unterschrift versehene schriftliche Bestätigung, aus der sich ergibt, dass der Adressat das zuzustellende Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gelten zu lassen (vgl. BGH, FamRZ 1995, 799).

Insoweit ist es ausreichend, wenn ein Anwalt, dem die Geschäftsstelle des Gerichts ein Urteil zum Zwecke der Zustellung übersandt hat, auf die Frage der Geschäftsstelle nach dem Verbleib des Empfangsbekenntnisses schriftlich erklärt, dass er das Urteil an einem bestimmten Tag erhalten hat (BGH, MDR 1994, 718).

Die Anbringung des Eingangsstempels durch das Kanzleipersonal reicht dagegen nicht aus (BGH, NJW 1991, 23).

Als Zustellungstag gilt das der Unterschrift hinzugefügte Datum; ansonsten ist das mit dem Eingangsstempel auf das vom Gericht übermittelte und zurückgesandte Formular aufgedruckte Datum maßgebend, das den zu vermutenden Zugangszeitpunkt darstellt (vgl. BGH, MDR 2000, 290).

Behauptet ein Rechtsanwalt, ein Schriftstück sei ihm abweichend von dem auf dem Empfangsbekenntnis vermerkten Eingangsdatum erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Kenntnis gebracht worden, so ist der Zeitpunkt der Zustellung im Wege des Freibeweises zu ermitteln (BGH, NJW 1997, 3319).

Fehlt jegliche Datumsangabe, ist die Zustellung gleichwohl nicht unwirksam (BGH v. 11.07.2005 – NotZ 12/05). Anders bei fehlender oder mangelhafter Unterschrift. Unwirksam ist eine Zustellung auch dann, wenn der Empfang des Schriftstücks nicht vom Anwalt, sondern von dessen Mitarbeiter bestätigt (BGH, NJW 1994, 2295) oder ein Faksimilestempel verwendet wird (BGH, MDR 1989, 352).

Zwar bringt ein Empfangsbekenntnis als Privaturkunde nach § 416 ZPO grundsätzlich Beweis nicht nur für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks, sondern auch für den Zeitpunkt von dessen Empfang.

Jedoch ist der Gegenbeweis für die Unrichtigkeit der im Empfangsbekenntnis enthaltenen Angaben zulässig.

Dafür ist erforderlich, dass die Richtigkeit der Angaben im Empfangsbekenntnis nicht nur erschüttert, sondern die Möglichkeit, die Angaben in dem Empfangsbekenntnis könnten richtig sein, ausgeschlossen ist.

Heilung

Die sich aus dem fehlenden Empfangswillen des Anwalts ergebende Unwirksamkeit kann auch nicht dadurch geheilt werden, dass das Schriftstück dem Anwalt tatsächlich zugegangen ist (BGH, MDR 1989, 345).

Jedoch kann sich der Empfangswille dadurch manifestieren, dass der Anwalt auf das Schriftstück reagiert, indem er z.B. ein Rechtsmittel einlegt.

Das Schriftstück gilt dann in dem Zeitpunkt als zugestellt, zu dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist (BVerwG v. 17.05.2006 – 2 B 10/06).

Umstritten ist derzeit, wer die Kosten für die Rücksendung des Empfangsbekenntnisses an das Gericht zu tragen hat (vgl. dazu Jaspersen, ProzRB 2002, 83).

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