Kostenrecht -

Anfall der Geschäftsgebühr im Hinterlegungsverfahren

Mit Ausnahme der in § 708 ZPO genannten Entscheidungen sind Urteile nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Will nun der obsiegende Gläubiger schon vor Eintritt der Rechtskraft Vollstreckungsmaßnahmen durchführen, hat er die in der gerichtlichen Entscheidung ausgesprochene Sicherheitsleistung zu erbringen.

In der Regel wird der Anwalt, der seinen Mandanten in dem Rechtsstreit bereits vertreten hat, auch hinsichtlich der Beschaffung und Hinterlegung der Sicherheit tätig. Hier stellt sich nun die Frage, ob und welche Gebühren der Anwalt für diese Tätigkeit beanspruchen kann.

Mit Ausnahme der in § 708 ZPO genannten Entscheidungen sind Urteile nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Will nun der obsiegende Gläubiger schon vor Eintritt der Rechtskraft Vollstreckungsmaßnahmen durchführen, hat er die in der gerichtlichen Entscheidung ausgesprochene Sicherheitsleistung zu erbringen. Grundsätzlich erfolgt die Sicherheitsleistung gemäß §108 ZPO durch Hinterlegung von Geld oder solchen Wertpapieren, die nach § 234 Abs.1, 3 BGB zur Sicherheitsleistung geeignet sind. Die Art der Sicherheitsleistung kann das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen (§ 108 ZPO). So kann es auf Antrag der Partei auch anordnen, daß die Sicherheitsleistung durch Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer Großbank oder eines öffentlichen Kreditinstituts erfolgen kann.

In der Regel wird der Anwalt, der seinen Mandanten in dem Rechtsstreit bereits vertreten hat, auch hinsichtlich der Beschaffung und Hinterlegung der Sicherheit tätig. Hier stellt sich nun die Frage, ob und welche Gebühren der Anwalt für diese Tätigkeit beanspruchen kann. Dabei muß zunächst das Tätigkeitsfeld des Anwalts differenziert betrachtet werden. Stellt der Anwalt auftragsgemäß bei der Hinterlegungsstelle des Gerichts den Antrag auf Hinterlegung der Sicherheit, so wird er in einem Hinterlegungsverfahren tätig. Es handelt sich hierbei um ein gesondertes behördliches Verfahren, welches in der Hinterlegungsordnung geregelt ist. Dieses Verfahren hat nichts mit dem bisherigen Rechtsstreit sowie der beabsichtigten Zwangsvollstreckung zu tun. Bereits diese unterschiedlichen Verfahrensordnungen verdeutlichen, daß es sich auch um verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten handelt. Dem steht auch §19 Abs. 1 RVG nicht entgegen, denn zum Rechtszug gehören nur die Tätigkeiten, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet. Das Hinterlegungsverfahren ist aber gerade ein besonderes behördliches Verfahren, denn es gehört weder zur streitigen noch zur freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern ist eine Angelegenheit der Justizverwaltung (§1,3HO).

Demzufolge kann der Anwalt für seine Tätigkeit im Hinterlegungsverfahren die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG beanspruchen (Gerold/Schmidt 16. Aufl. RVG Nr. 2400 VV Anm. 254-258). So hat auch das OLG Karlsruhe in JurBüro 89/78 klargestellt, daß die Tätigkeit des Anwalts zur Hinterlegung weder beim Prozeßgericht noch beim Vollstreckungsgericht erbracht wird, sondern bei einer dritten Behörde. Auch ist in §19 Abs. 1 Nr. 7 RVG (vorm. § 37 Nr. 3 BRAGO) lediglich die Tätigkeit wegen der Rückgabe einer Sicherheit als zum Rechtszug gehörend aufgeführt, nicht jedoch die Tätigkeit zur Bestellung einer Sicherheit. Wenn diese Tätigkeit zur Bestellung einer Sicherheit durch andere Gebühren abgegolten werden sollte, hätte es einer besonderen Bestimmung im Gesetz bedurft.

Aus diesen Gründen kann der Entscheidung des OLG Düsseldorf in JurBüro 07/525 nicht gefolgt werden, wonach die Tätigkeit mit der allgemeinen Verfahrensgebühr abgegolten sein soll. Das Gericht gibt insbesondere auch keinen Hinweis darauf, um welche "allgemeine Verfahrensgebühr" es sich hierbei handeln soll.

Auch handelt es sich bei der Bestellung der Sicherheit nicht um eine vorbereitende Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung, sondern sie dient der Herbeiführung der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung. Demzufolge kommt der Ansatz einer Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG nicht in Betracht.

Wird der Anwalt im Rahmen seiner Tätigkeit zur Bestellung der Sicherheit vom Mandanten beauftragt, sich mit dem Kreditinstitut zwecks Beschaffung einer Bankbürgschaft in Verbindung zu setzen, wird erst recht wohl nicht mehr angenommen werden können, diese Tätigkeit sei noch mit der im Erkenntnisverfahren entstandenen Verfahrensgebühr abgegolten. Werden im Rahmen dieses Auftrages auch Besprechungen bzw. Verhandlungen mit dem Kreditinstitut, der Hinterlegungsstelle oder sonstigen Dritten geführt, kann im Gegensatz zum bisherigen §118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO eine Besprechungsgebühr nicht mehr berechnet werden, da diese im RVG nicht mehr vorgesehen ist. Auch der Ansatz einer Termingebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG ist nicht möglich, da die Voraussetzungen hierfür gemäß Vorbem. 3 Abs. 3 VV nicht gegeben sind. Ein Ausgleich für den vermehrten Tätigkeitsaufwand ist nur über die Ausschöpfung des Gebührenrahmens der Nr. 2400 VV RVG möglich, wobei §14 RVG entsprechend zu beachten ist.

Umstritten ist dagegen, ob die Kosten für die Bestellung bzw. Beschaffung der Sicherheit erstattungsfähig sind. Zu diesen Kosten zählen nicht nur die Anwaltskosten, sondern auch die Beträge, die das Kreditinstitut als Gegenleistung für die selbstschuldnerische Bürgschaft beansprucht. Diese Avalzinsen sind erstattungsfähig und festsetzbar. Bezüglich der Anwaltskosten ist die Rechtsprechung kontrovers. Das OLG Düsseldorf, Rpfl. 01/201 und JurBüro 84/596, bejaht die Festsetzung gemäß §19 Abs. 1 S. 1 ZPO, ebenso das OLG Karlsruhe in Rpfl. 97/232, allerdings mit der Einschränkung, daß die Frage der Notwendigkeit der Einschaltung eines Anwalts besonders zu prüfen ist. Das OLG München, JurBüro 90/866, hat die Erstattungsfähigkeit verneint, wenn die Partei aufgrund eigener Sachkunde in der Lage ist und es ihr auch zuzumuten ist, die Hinterlegung selbst durchzuführen.

Als Gegenstandswert ffür die Berechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG ist der Betrag der zu leistenden Sicherheit maßgebend. Wird der Anwalt beauftragt, die Hinterlegung durchzuführen und nimmt er dieserhalb vom Mandanten das erforderliche Geld oder die Wertpapiere entgegen und leitet sie an die Hinterlegungsstelle weiter, so erwächst ihm außerdem die Hebegebühr gemäß Nr. 1009 VV RVG. Die Frage der Erstattungsfähigkeit hängt hier ebenfalls von der Prüfung der Notwendigkeit der Hinzuziehung des Anwalts ab (Gerold/Schmidt Nr. 1009 VV Rn. 43 ff RVG).

Quelle: Detlev Schönemann - Beitrag vom 28.04.08