Kostenrecht -

Die Vergütungsvereinbarung des Anwalts mit einem anderen Anwalt

Was Sie als Anwalt wissen sollten.

Anderer Anwalt im Sinne dieser Darstellung ist nicht der Sozius, durch dessen Tätigkeit Gebühren und Auslagen anfallen, er ist hier wegen Gesamthandsgläubiger (§ 719 BGB), BGH-Urteil vom 20.06.1996, IX ZR 248/95, der Gesamtsozietät als Gesellschaft insgesamt zustehenden Vergütungsanspruch, sein interner Vergütungsanteil ist im Sozietätsvertrag geregelt.

Auch nicht der angestellte Anwalt, der für seinen Arbeitgeber das Mandat gebührenauslösend bearbeitet hat und dessen Vergütung sich aus dem Anstellungsvertrag ergibt. Schließlich auch nicht der emeritierte Anwalt (§ 36 BRAO), der sich lediglich Anwalt nennen darf (§ 17 Abs. 2 BRAO) und dessen Vergütung für eine Mitwirkung an der Mandatserledigung innerhalb der Grenzen einer Angemessenheit frei vereinbart werden kann.

Gemeint ist im Folgenden vielmehr zunächst der zugelassene, selbständig freiberuflich tätige Anwalt. Dessen Mitwirkung an der Mandatserledigung neben dem Hauptbevollmächtigten kann beruhen auf einem ihm vom Mandanten unmittelbar neben dem Erstmandatierten erteilten Auftrag oder auf einem vom Erstmandatierten namens und auf Rechnung des Mandanten erteilten Auftrag (eine Befugnis hierzu ergibt sich im Zweifel aus der Vollmacht). In diesen Fällen erhält im Grundsatz jeder an der gemeinschaftlichen Erledigung mitwirkende Anwalt die für seine Tätigkeit, seinen Arbeitsbeitrag im RVG vorgesehene volle Vergütung (§ 6 RVG). Dabei ist zunächst zu beachten, dass es regelmäßig unzulässig ist, mit dem Mandanten geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren oder von ihm zu fordern, als das RVG vorsieht (§ 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO). Mehrere beauftragte und nebeneinander tätige Anwälte dürfen aber vereinbaren, dass die Summe der insgesamt bei allen entstandenen Vergütungen in einem den Leistungen, der Verantwortlichkeit, dem Haftungsrisiko und den sonstigen Umständen entsprechenden angemessenen Verhältnis untereinander geteilt wird, insbesondere wenn die Tätigkeitsquanten der Beteiligten nicht dem Verhältnis der Höhe der entstandenen gesetzlichen Gebühren entspricht (§ 49b Abs. 3 Satz 5 BRAO). Diese anderweitige Vergütungsverteilung darf allerdings nicht zur Voraussetzung der Mandatserteilung gemacht werden (§ 49b Abs. 3 Satz 4 BRAO).

Gemeint ist daneben aber auch der dem Erstmandatierten nachgeordnete selbständige Anwalt, z.B. der Unterbevollmächtigte, der Terminsvertreter und im Verhältnis zum Verkehrsanwalt der Prozessbevollmächtigte. Auch durch die Tätigkeit dieser Personen entstehen die im RVG vorgesehenen Gebühren, deren teilweiser oder ganzer Erlass unzulässig ist. Zulässig ist jedoch auch hier die Vereinbarung einer vom Gesetz abweichenden Verteilung des Gesamtgebührenaufkommens (§ 49b Abs. 3 Satz 2 BRAO). In allen diesen Fällen, also in jede vom Gesetz abweichende Verteilung des Gebührenaufkommens sind also alle entstandenen Gebühren einzurechnen. Unzulässig, berufswidrig und gemäß § 134 BGB nichtig sind daher Vereinbarungen, wonach nur festsetzbare, festgesetzte, zu erstattende oder gar nur bezahlte Vergütungen in die Teilungsmasse einzubeziehen sind. Das von einem Anwalt namens seines Mandanten unterbreitete Angebot solcherart Beschränkung an einen anderen Anwalt ist wettbewerbswidrig, (BGH-Urteil vom 01.06.2006 – I ZR 268/03).

Haben die Beteiligten zulässigerweise schlicht Gebührenteilung vereinbart, dann sind alle angefallenen Gebühren mit je gleichen Anteilen auf die beteiligten Anwälte zu verteilen (§ 22 BORA). Jede anderweitige Verteilung bedarf ausdrücklicher Vereinbarung, auch die Einbeziehung von Auslagen.

Die Einschränkungen des § 49b BRAO gelten nur im Verhältnis zum Auftraggeber oder einem für ihn Zahlungspflichtigen, insbesondere eine Rechtsschutzversicherung, nicht aber für Vereinbarungen, die mehrere mandatsbearbeitende Anwälte intern und eigenen Namens treffen. Dann bestehen seitens des anderen Anwalts keine vertraglichen Beziehungen zum Mandanten und dieser ist nicht vergütungspflichtig. In diesen Fällen hat vielmehr der Erstmandatierte den anderen Anwalt aus eigenen Mitteln zu honorieren und kann diesen Aufwand weder vom Mandanten ersetzt verlangen noch gegen einen Erstattungspflichtigen festsetzen lassen. Da § 49b BRAO nur im Verhältnis zum Mandanten gilt, kann der mandatsbearbeitende Anwalt eigenen Namens mit einem anderen Anwalt ohne Bindung an vorgenannte Vorschrift jede beliebige Vergütung dessen mandatsbezogener Tätigkeit vereinbaren, wenn sie nur angemessen ist, BGH-Urteil vom 01.06.2006 – I ZR 268/03. Dem steht auch § 1 Abs. 1 BRAO nicht entgegen.

Ein Abweichen von § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO nach unten ist im Einzelfall ausnahmsweise zulässig, wenn dies besondere Umstände in der Person des Auftraggebers erfordern, jedoch stets erst nach Erledigung des Auftrags (§ 49 Abs. 1 Satz 2 BRAO), im Übrigen modifiziert auch in Mahn- und Vollstreckungsverfahren (§ 49b Abs. 2 Sätze 2 und 3 BRAO) und für Pauschal- und Zeitvergütungen in außergerichtlichen Angelegenheiten (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO).

Die Formvorschrift des § 4 Abs. 1 RVG gilt nur für Erklärungen des Auftraggebers, nicht aber für Vergütungsvereinbarungen unter Anwälten. Dennoch ist Schriftform zu Beweiszwecken dringend anzuraten. Die Beweislast für die Vergütungsvereinbarung und deren Inhalt trifft sowohl im Innenverhältnis der Anwälte als auch im Außenverhältnis zum Auftraggeber denjenigen, der sich hieraus beruft (§ 4 Abs. 2 Satz 4 RVG).

Eine Gebührenteilungsvereinbarung ist nicht zulässig mit einem beim BGH oder singular bei einem OLG zugelassenen Anwalt (§ 49b Abs. 3 Satz 6 BRAO) und mit einem Notar (§ 17 Abs. 1 Satz 4 BnotO).

Erstattungsfähig ist die Vergütung des anderen Anwalts regelmäßig nur im Rahmen von § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO und darüber hinaus allenfalls dann, wenn die Zuziehung eines Spezialisten geboten war.

Können die entstandenen und die Teilungsmasse einzubeziehenden Vergütungen in voller Höhe weder vom Mandanten oder einem sonst Zahlungspflichtigen erlangt noch vom erstattungspflichtigen Gegner beigetrieben werden, dann hat jeder an der Vergütungsteilungsabrede beteiligte Anwalt im Innenverhältnis den einer erlangten Teilzahlung entsprechenden Anteil der Teilungsvereinbarung zu beanspruchen, regelmäßig also jeder gleich viel.

Da der Mandant durch eine Vergütungsvereinbarung der mehreren Anwälte untereinander nicht höher belastet wird als ohne solche Vereinbarung, bedarf es zur Wirksamkeit der Vereinbarung nicht einer Zustimmung des Mandanten. Dennoch bleibt, vor allem im Interesse der Vertrauenserhaltung, eine Unterrichtung des Mandanten empfehlenswert. Da aber die Vereinbarung regelmäßig ohne Mitwirkung des Mandanten geschlossen wird, entfaltet sie Wirkung nur zwischen den beteiligten Anwälten. Selbst wenn der Mandant ausdrücklich zugestimmt hat, ist er weder verpflichtet, dem einen Anwalt mehr, noch berechtigt, dem anderen weniger als die nach dem RVG entstandene Vergütung zu bezahlen. Wurde die Vergütungsteilungsvereinbarung unter Einbeziehung des Mandanten geschlossen, dann ist ein entsprechender Einwand des Mandanten im Verfahren nach § 11 RVG nichtgebührenrechtlicher Natur und zwingt zur Festsetzungsablehnung.

Zur Veranschaulichung mögen folgende – vereinfachte – Beispiele einer zulässigen Vergütungsvereinbarung beitragen:

In einer Wettbewerbssache beauftragt ein Flensburger Anwalt einen Anwalt in München, beim Patentamt eine Recherche anzustellen, und vereinbart mit ihm namens des Mandanten hierfür eine gegenüber der sicherlich höheren, wegen des unsicheren Gegenstandswerts aber noch nicht bezifferbaren gesetzlichen Geschäftsgebühr eine Pauschalvergütung von brutto 500 Euro.

Der Mannheimer Prozessbevollmächtigte bittet eigenen Namens einen Karlsruher Kollegen, in einem dort anhängigen Rechtsstreit einen Verhandlungstermin wahrzunehmen, in dem erwartungsgemäß ein Versäumnisurteil ergehen würde, und vereinbart mit ihm hierfür statt einer Verfahrens- und einer Termingebühr eine Pauschalvergütung von brutto 100 Euro.

Der Rostocker Verkehrsanwalt bestellt namens des Mandanten einen Freiburger Anwalt im dortigen Rechtsstreit zum Prozessbevollmächtigten und vereinbart mit ihm, dass er im Benehmen mit dem Mandanten alle Schriftsätze unterschriftsreif fertigt und dass ihm der Freiburger Anwalt als Gegenleistung die Hälfte der bei ihm entstehenden Verfahrensgebühr abgibt, mit der Folge, dass der Verkehrsanwalt seine selbstverdiente volle Verfahrensgebühr aus Nr. 3400 VV RVG und eine abgetretene halbe Verfahrensgebühr aus Nr. 3100 VV RVG erhält, während dem Prozessbevollmächtigten die weitere halbe Verfahrensgebühr aus Nr. 3100 VV RVG und die Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG verbleiben.

Quelle: RA Dr. Hans Kaiser - Beitrag vom 02.10.07