Sozialrecht, Familienrecht -

Schüler beim Blumenpflücken unfallversichert?

Ein Schüler ist nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt, wenn er für ein Schulreferat auf eigene Initiative eine Blume pflücken will und auf dem Weg zum Blumenfeld einen Unfall erleidet. Das hat das LSG Sachsen-Anhalt entschieden. Die Beschaffung eines „Arbeitsgeräts“ fällt demnach nur dann unter den Versicherungsschutz, wenn dies auf Veranlassung der Schule geschieht.

Darum geht es

Der damals 15-jährige Kläger sollte in der Schule einen Vortrag über Korbblütler halten. Um seine Präsentation anschaulicher zu gestalten, wollte er morgens vor dem Unterricht mit dem Moped zu einem Sonnenblumenfeld fahren und eine Blume pflücken. 

Die Blume sollte bei dem Vortrag als Anschauungsobjekt dienen. Auf dem Weg zu dem Feld kam es zu einem schweren Verkehrsunfall, und der Schüler erlitt u.a. ein offenes Schädel-Hirn-Trauma.

Die zuständige Unfallkasse lehnte es ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Landessozalgericht Sachsen-Anhalt hat die Unfallkasse bestätigt.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchstabe b) SGB VII sind Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Be-treuungsmaßnahmen gesetzlich unfallversichert.

Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des damit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit sowie das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 SGB VII).

Das Holen der Sonnenblume fällt nach dem Gericht nicht in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule. Insbesondere sei der Schüler nicht von seiner Lehrerin aufgefordert worden, zu seiner Präsentation eine Sonnenblume oder allgemein Korbblütler mitzubringen. 

Den Schülern sei vielmehr freigestellt gewesen, „ob, wann, wie und wo sie sich gegebenenfalls welches Anschauungsmaterial beschaffen“. Damit falle die Vorbereitung des Vortrags - wie jede Hausarbeit - in den Verantwortungsbereich des Schülers bzw. seiner Eltern.

Der Unfall habe sich auch nicht auf dem Schulweg ereignet. Dieser umfasse nur den Weg von der elterlichen Wohnung zur Schule.

Unter den Unfallversicherungsschutz falle zwar nach dem Gesetz auch die Beschaffung eines Arbeitsgerätes, und die Sonnenblume sei ein solches „Arbeitsgerät“ gewesen. 

Der Schutz greife aber nur, wenn die Beschaffung auf Veranlassung der Schule erfolge. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. 

Selbst wenn die Lehrerin allgemein darauf hingewiesen haben sollte, dass das Mitbringen von Anschauungsmaterial günstig für eine bessere Note sei, hätte dem 15-Jährigen klar sein müssen, dass dies keine Billigung oder gar Anweisung sein könne, illegal eine Blume auf fremdem Privatgrund zu pflücken.

Das LSG Sachsen-Anhalt hat die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) zugelassen.

LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.03.2025 - L 6 U 36/24 

Quelle: LSG Sachsen-Anhalt, Pressemitteilung v. 30.04.2025

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