Worüber muss ein Autoverkäufer beim Gebrauchtwagenkauf aufklären? Das Landgericht Lübeck hat entschieden, dass Verkäufer verpflichtet sind, auf ungewöhnliche Reparaturen von sich aus hinzuweisen - auch ohne Nachfrage des Käufers. Im Streitfall war das Fahrzeug mehrfach umfangreich repariert worden (Tausch von Turbolader, Katalysator, Kupplung, Rumpfmotor und Kühlmittelpumpe).
Darum geht es
Der Kläger kaufte bei einem Autohaus einen Gebrauchtwagen.
Später zeigten sich Fehlermeldungen und in der Werkstatt stellte sich heraus: Das Auto war mehrfach repariert worden (Turbolader, Katalysator, Kupplung, Rumpfmotor und Kühlmittelpumpe getauscht).
Das Autohaus hatte den Käufer hierüber im Verkaufsgespräch nicht informiert.
Vor dem Landgericht Lübeck klagte der Mann auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das Autohaus weigerte sich mit der Begründung, es bestehe keine Pflicht zur Aufklärung über vergangene Reparaturen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgericht Lübeck hat das Auto von einem technischen Sachverständigen begutachten lassen und dem Käufer überwiegend recht gegeben.
Der Kläger hat demnach Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 BGB. Die Beklagte hat den Kaufpreis durch Leistung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt, weil der Kaufvertrag nach wirksamer Anfechtung gemäß § 142 BGB rückwirkend nichtig ist.
Worauf Verkäufer einen Käufer hinweisen müssen, ist nicht ausdrücklich geregelt und stets eine Frage des Einzelfalls. Entscheidend ist, ob der Käufer vernünftigerweise eine Aufklärung erwarten durfte.
Das Verschweigen von Tatsachen stellt nur bei entsprechender Offenbarungspflicht eine Täuschungshandlung dar. Dabei ist entscheidend, ob der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Einzelfall redlicherweise eine Aufklärung über den verschwiegenen Umstand erwarten durfte.
Reparaturen in dieser Anzahl und in diesem Umfang seien ungewöhnlich gewesen und hätten von dem Verkäufer ungefragt offengelegt werden müssen.
Da die Reparaturen im Autohaus selbst durchgeführt worden waren, seien diese Informationen dem Verkäufer auch bekannt gewesen.
Die Beklagte handelte somit auch arglistig nach § 123 BGB. Dabei sei unerheblich, ob die Reparaturhistorie auf Grund der Wertverbesserung durch den Einbau eines Neuteils einen Sachmangel darstellt oder nicht. § 123 BGB diene gerade dem Schutz der Entscheidungsfreiheit und nicht der Mangelfreiheit.
Unerheblich sei ferner, dass die Reparaturen im Zeitpunkt des Kaufvertrags drei bis vier Jahre zurücklagen. Denn einerseits sind drei bis vier Jahre nach dem Gericht eine eher kurze Zeitspanne, zum anderen ist der Zeitablauf für den Schutz der Entscheidungsfreiheit bei Vertragsabschluss ohne Bedeutung.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Landgericht Lübeck, Urt. v. 08.05.2025 - 3 O 150/21
Quelle: Landgericht Lübeck, Pressemitteilung v. 16.06.2025