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Verkehrsrecht -

Fluggesellschaft muss keinen „Aperol Spritz“ bezahlen

Airlines müssen Fluggästen nach der Fluggastrechteverordnung bei Flugannulierung oder größerer Verspätung Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anbieten. Das Amtsgericht Hannover hat allerdings entschieden, dass alkoholische Getränke keine solchen „Erfrischungen“ darstellen. Das Gericht lehnte daher einen Kostenersatz für zwei „Aperol Spritz“ ab. 

Darum geht es

Im Streitfall hatten die Kläger einen Hinflug von Hannover über London nach Miami sowie einen Rückflug von Miami über New York und London nach Hannover gebucht. Der Hinflug erreichte den Zielort mit einer Verspätung von über drei Stunden. 

Der Rückflug wurde annulliert und die Kläger ersatzweise über Madrid nach Hamburg befördert. Von dort fuhren sie mit der Bahn nach Hannover, dem ursprünglichen Zielort, wo sie mit einer Verspätung von viereinhalb Stunden eintrafen. 

Neben Ausgleichs-, Entschädigung- und Schadensersatzansprüchen wegen der Flugverspätung und -annullierung begehrten die Kläger mit ihrer Klage auch die Erstattung der Kosten für die Verpflegung bei Zwischenaufenthalten in Madrid in Höhe von 20,80 € sowie London in Höhe von 88 €.

Zwischen den Parteien war dabei streitig, ob die alkoholischen Getränke, die einer der Kläger in London bezahlte, nämlich zwei „Aperol Spritz“ zum Preis von 15 Pfund Sterling von der Beklagten zu erstatten sind.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht Hannover hat den Kostenersatzanspruch der Kläger insoweit abgelehnt, als davon auszugehen war, dass es sich um Aufwendungen für alkoholische Getränke handelte. 

Der Anspruch der Kläger auf Erstattung der Verpflegungskosten ergibt sich aus Art. 5, 9 Fluggastrechteverordnung. Danach hat das ausführende Luftfahrunternehmen im Falle der Annullierung / großen Verspätung „Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit“ anzubieten. 

Die Kläger konnten sich, nachdem die Beklagte dieses Angebot unstreitig nicht selbst erbracht hat, am Flughafen auf Kosten der Beklagten selbst diese Verpflegung besorgen.

Allerdings sind von „Erfrischungen“ i.S.d. Verordnung nach Auffassung des Gerichts keine alkoholischen Getränke umfasst, so dass die verzehrten zwei „Aperol Spritz“, bei denen es sich nach unwidersprochen gebliebenem Beklagtenvortrag um alkoholische Getränke handelte, nicht von der Beklagten zu ersetzen sind. 

Der Wortlaut „Erfrischung“ verbietet es nach Auffassung des angerufenen Gerichts, alkoholische Getränke, deren Wirkung im Regelfall gegenteilig sein dürfte, hierunter zu subsumieren. 

Ob es sich bei dem weiter auf dem zur Bezifferung des Verpflegungsanspruchs vorgelegten Kassenzettel aufgeführten „2 Camden Hells“ ebenfalls um alkoholische Getränke handelt, hat das Gericht nicht zu prüfen, nachdem dies von den Parteien in dieser Form jedenfalls nicht vorgetragen worden ist. 

Soweit es sich ggf. um sog. „Craft-Beer“ handeln könnte, wäre ja auch denkbar, dass es sich um alkoholfreies Bier handelt, was nach Auffassung des Gerichts sehr wohl als „Erfrischung“ durchginge.

Den Verpflegungskosten sind also 15 englische Pfund = 17,67 € abzuziehen und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Amtsgericht Hannover, Urt. v. 13.04.2023 - 513 C 8538/22

Quelle: Amtsgericht Hannover, Pressemitteilung v. 14.04.2023

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