Verkehrsrecht -

„Tempo 30“ zu spät moniert?

Wer Verkehrsschilder anfechten will, muss gegen sie innerhalb einer einjährigen Frist nach erstmaliger Wahrnehmung vorgehen. Das OVG NRW hat vor diesem Hintergrund in einem Eilverfahren die „Tempo 30“- und STOP-Schilder der Stadt Meerbusch vorläufig bestehen lassen. Das Vorinstanz hatte dem Antragsteller Recht gegeben, weil es von einer späteren Wahrnehmung der Schilder ausgegangen war.

Darum geht es

Ein mit Erstwohnsitz in Bielefeld und mit Zweitwohnsitz in Meerbusch gemeldeter Kläger hatte gegen verkehrsrechtliche Anordnungen betreffend den Winklerweg in Meerbusch-Osterath und die Gonellastraße in Meerbusch-Lank-Latum (Tempo 30 und STOP-Zeichen) beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben und zugleich Eilrechtsschutz beantragt. 

Damit hatte er vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab der Stadt in den Eilbeschlüssen vom 21.06.2023 zugleich auf, die Verkehrszeichen „Tempo 30“ am Winklerweg in Höhe der Bushaltestelle „Wienenweg“ im Bereich der Nikolaus-Grundschule sowie an der Gonellastraße und zusätzlich die STOP-Zeichen nebst Haltelinien an der Kreuzung der Gonellastraße mit der Hauptstraße (Fußgängerzone) innerhalb von zwei Wochen vorläufig zu entfernen bzw. unwirksam zu machen. 

Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass die Klagen rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach erstmaliger Wahrnehmung der betreffenden Verkehrszeichen erhoben worden seien. Die verkehrsrechtlichen Anordnungen seien rechtswidrig. 

Eine qualifizierte Gefahrenlage, die eine Beschränkung der innerorts grundsätzlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h rechtfertigen könnte, liege an den beiden Straßenabschnitten nicht vor. 

Unabhängig davon habe die Stadt das ihr zustehende Ermessen auch nicht fehlerfrei ausgeübt, weil sie mildere Mittel nicht hinreichend in Betracht gezogen habe. 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Beschwerden der Stadt Meerbusch hatten beim Oberverwaltungsgericht NRW Erfolg.

Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmende Interessenabwägung fällt demnach zu Lasten des Antragstellers aus. 

Es erscheint nach Auffassung des Gerichts keineswegs überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller, der in den vergangenen Jahren in verschiedenen Ortsteilen von Meerbusch zumindest mit Zweitwohnsitz gemeldet war und nach eigenen Angaben auch zeitweise dort wohnt, die teilweise seit etlichen Jahren existierenden Verkehrsschilder erstmals im Spätsommer bzw. Herbst 2021 als Fahrzeugführer wahrgenommen hat. 

Der Antragsteller hat diesen allein seine persönlichen Lebensumstände betreffenden und damit in seine Sphäre fallenden Vortrag bislang nicht plausibel geschildert, geschweige denn glaubhaft gemacht. 

Es ist ihm auch zuzumuten, den Ausgang des jeweiligen Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Der mit der Reduzierung der Geschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h bzw. der Beachtung des STOP-Zeichens verbundene erhöhte Zeitaufwand ist geringfügig. Die Verkehrszeichen dürfen daher zunächst stehen bleiben.

Die Beschlüsse sind unanfechtbar.

OVG NRW, Beschlüsse v. 02.08.2023 - 8 B 760/23 und 8 B 763/23 

Hinweis: In den beiden zugehörigen Hauptsacheverfahren hat die Stadt Meerbusch gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf Anträge auf Zulassung der Berufung gestellt.

Quelle: OVG NRW, Pressemitteilung v. 03.08.2023

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