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Verkehrsrecht -

Tempoverstöße: Rüge eines lückenhaften Messprotokolls

Die Rüge eines „lückenhaften“ Messprotokolls muss beim Vorwurf eines Geschwindigkeitsverstoßes konkret ausgeführt werden. Das hat das OLG Frankfurt klargestellt. Demnach ist es eine Grundanforderung an die Verteidigung, aus der Falldatei heraus dem Gericht vor der Hauptverhandlung konkrete Auffälligkeiten aufzuzeigen. Nur dann ist das Gericht verpflichtet, dem nachzugehen.   

Darum geht es

Gegen den Betroffenen war wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 40 km/h eine Geldbuße in Höhe von 520 € festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet worden. 

Bei erlaubten 50 km/h war der Betroffene nach Abzug der Toleranz 90 km/h gefahren. 

Auf seinen Einspruch hin hatte das Amtsgericht Kassel den mehrfach vorbelasteten Betroffenen zu einer Geldbuße von 1.000 € und einem Fahrverbot von zwei Monaten verurteilt (Urt. v. 25.09.2024 - 382 OWi - 9413 Js 21636/24).

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die gegen das Urteil gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte vor dem OLG Frankfurt am Main keinen Erfolg. 

Das Urteil der Vorinstanz lasse keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen, begründete der Senat seine Entscheidung. 

Das gelte insbesondere für die Würdigung des Verhaltens als vorsätzlicher Verstoß und daran anknüpfend die verschärfte Ahndung mit einer Geldbuße von 1.000 €.

Der vom Betroffenen gerügte Umgang mit „lückenhaften“ Messprotokollen erschöpfe sich in einer bloßen Behauptung und begründe ebenfalls keinen Rechtsfehler. 

Es fehle ein konkreter Bezug zum Fall. Auffälligkeiten und/oder Besonderheiten in der sog. Falldatei, die in einem Kontext zum Messprotokoll gesehen werden könnten, würden nicht dargestellt. 

Das in Bezug genommene Fallbild weise ebenfalls keinerlei Auffälligkeiten auf. Es zeige lediglich einen einsamen Fahrer, der mit entspanntem Gesicht und gemessenen 90 km/h kurz nach Mitternacht durch die Innenstadt von Kassel rast.

Der Senat nimmt die Entscheidung zum Anlass, grundsätzliche den Umgang mit „lückenhaften“ Messprotokollen zu erläutern. 

Messprotokolle könnten als amtliche Urkunden in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren verlesen werden und damit die Einvernahme von Zeugen ersetzen. Sofern Messprotokolle nicht den verbindlichen Vorgaben entsprächen, müsse der Messbeamte als Zeuge vernommen werden. 

Entscheidend sei nicht die formale Dokumentation, sondern die materielle Richtigkeit der Handlung. Erinnere sich der Messbeamte an die häufig schon Monate zurückliegende Messung nicht mehr, liege keine standardisierte Messung mehr vor. 

Das Gericht müsse dann eine volle Beweiswürdigung u.a. unter Bewertung der vom Messgerät erzeugen Falldatei vornehmen. 

Dabei sei es eine Grundanforderung an die Verteidigung, aus der Falldatei heraus dem Gericht vor der Hauptverhandlung konkrete Auffälligkeiten aufzuzeigen. Nur dann sei das Gericht verpflichtet, diesen konkret dargelegten Auffälligkeiten nachzugehen.  

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 15.05.2025 - 2 Orbs 69/25

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 05.06.2025

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