Erbrecht -

Bindung des Grundbuchamts an fehlenden Nacherbenvermerk in einem Erbschein

OLG München, Beschl. v. 27.02.2012 - 34 Wx 548/11

Das Grundbuchamt ist an einen Erbschein gebunden, außer es werden Tatsachen vorgetragen, die dem Nachlassgericht bei seiner Entscheidung nicht vorlagen und die eine andere Auslegung, die eine Einziehung des Erbscheins nahelegt, hätten rechtfertigen können.

Darum geht es

Im Grundbuch sind die Beteiligten zu 2) und zu 3) als Grundstückseigentümer zu je 1/2 eingetragen. Anlässlich der Übertragung eines Hälfteanteils im Jahr 2011 sollte zugleich im Wege der Grundbuchberichtigung ein Nacherbenvermerk zugunsten des Beteiligten zu 1) eingetragen werden.

Hintergrund ist ein Erbvertrag, in dem eine Nacherbschaft angeordnet wurde und in dessen Zusammenhang bestimmt wurde, dass „Ersatzerben jeweils deren Abkömmlinge" sind. Bei einer Eigentumsumschreibung des Grundstücks im Jahr 1978 auf die Enkelkinder wurde der diesbezügliche Nacherbenvermerk gelöscht.

Da die Beteiligten darüber streiten, ob eine Regelung über eine Nach-Nacherbschaft oder lediglich eine nicht zum Tragen gekommene Ersatzerbenbestimmung getroffen wurde, soll sinngemäß folgender Nacherbenvermerk ins Grundbuch eingetragen werden: „Nacherbfolge ist angeordnet. Die Beteiligte zu 3) ist Nacherbin. Der Beteiligte zu 1) ist Nach-Nacherbe".

Auf den Vollzugsantrag hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung verlangt, durch Vorlage eines Erbscheins den Nachweis über das Bestehen eines Nach-Nacherbebenrechts zu erbringen.

Hiergegen legte der Beteiligte zu 1) Beschwerde ein. Er ist der Ansicht, dass es eines Unrichtigkeitsnachweises durch Vorlage eines Erbscheins nicht bedürfe. Auf die materielle Rechtslage käme es nur an, wenn das Grundbuchamt bewusst an der Unrichtigkeit des Grundbuchs mitwirken würde. Die maßgebliche Wendung im Erbvertrag lasse sich sinnvoll nur als Nach-Nacherbschaft und nicht als Ersatznacherbschaft deuten. Das Grundbuchamt half der Beschwerde nicht ab.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet. s liegt ein Erbschein vor, der die Beteiligte zu 3) als Miterbin zu 1/2 und die Abkömmlinge der vorverstorbenen Tochter als Miterben zu jeweils 1/6 ausweist. Eine Nacherbschaft, wie sie sich z.B. durch eine Nach-Nacherbfolge ergeben würde, ist im Erbschein nicht ausgewiesen.

Da der Erbschein gem. § 2365 BGB die Vermutung trägt, dass andere als die angeführten Beschränkungen nicht bestehen, ist das Grundbuchamt nach allgemeinen Regeln hinsichtlich der Auslegung der letztwilligen Verfügung von Todes wegen gebunden (vgl. auch § 35 Abs. 1 GBO).

Zudem wurden vom Beschwerdeführer keine Tatsachen vorgetragen, die dem Nachlassgericht bei seiner Entscheidung noch nicht vorlagen und eine andere Auslegung hätten rechtfertigen können, die zu einer Einziehung des Erbscheins hätte führen können. Das Nachlassgericht hatte sogar in einem dem Grundbuchamt und dem Oberlandesgericht vorliegenden Vermerk, der anlässlich eines Antrags auf Berichtigung des Erbscheines wegen der Nichtberücksichtigung der Nacherbfolge gefertigt wurde, ausführlich die Richtigkeit des erteilten Erbscheins begründet.

Damit war das Grundbuchamt aufgrund des Legalitätsprinzips daran gehindert, einen Nacherbenvermerk trotz erteilter Bewilligung einzutragen und das Grundbuch unrichtig zu machen.

Folgerungen aus der Entscheidung

Als rechtliche Grundlage für den nachträglichen Eintrag eines Nacherbenvermerks in das Grundbuch zog der Anspruchsteller die Vorschriften über die Berichtigungsbewilligung des § 19 Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 GBO heran. Das Oberlandesgericht stellt klar, dass die Berichtigungsbewilligung eine Unterart der Eintragungsbewilligung und Ausfluss des das Grundbuch prägenden Bewilligungsgrundsatzes ist. Daher darf das Grundbuchamt neben der Berichtigungsbewilligung nicht auch noch den Nachweis der Unrichtigkeit verlangen. Die schlüssige Darlegung der Unrichtigkeit des Grundbuches reicht grundsätzlich aus. Das Grundbuchamt darf deshalb auch keine Beweise anfordern.

Ergibt sich allerdings aus den vorgelegten Urkunden oder aus anderen dem Grundbuchamt bekannten Umständen, dass das Grundbuch durch die Bewilligung der Eintragung unrichtig werden würde, so hat das Grundbuchamt den Antrag wie im vorliegenden Fall zurückzuweisen.

Praxishinweis

Bei der Eintragung eines Vorerben ist gem. § 51 GBO zugleich das Recht des Nacherben und, soweit der Vorerbe von den Beschränkungen seines Verfügungsrechts befreit ist, auch die Befreiung von Amts wegen einzutragen.

Da bei der Beantragung des Erbscheins der Nacherbe nicht notwendig vom Antragsteller anzugeben ist, hat das Nachlassgericht den Nacherben notfalls gem. § 2358 BGB i.V.m. § 26 FamFG von Amts wegen zu ermitteln.

Durch den Nacherbenvermerk wird der Nacherbe vor Verfügungen des Vorerben relativ geschützt. Ein gutgläubiger Erwerb ist damit nicht mehr möglich.

Der Nacherbenvermerk ist im Grundbuch in Abteilung II (§ 10 Abs. 1 b) GBV) bzw. in der Veränderungsspalte zu dem Recht einzutragen, auf das er sich bezieht (§§ 10 Abs. 5, 11 Abs. 6 GBV).

Quelle: RA Ralf Mangold - vom 11.07.12