Erbrecht -

Das neue Nachlassverfahrensrecht

Änderungen des Verfahrens in Nachlass- und Teilungssachen durch das FGG-Reformgesetz.

Am 22.12.2008 wurde das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 2586ff.) verkündet. Es wird am 01.09.2009 in Kraft treten. Gleichzeitig werden das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) und das Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FrhEntzG) außer Kraft treten.

Überblick FGG-Reform

Der Kern der Reform liegt auf dem Gebiet des Familienverfahrensrechts. Das gesamte 6. Buch der ZPO (Verfahren in Familiensachen) wird aufgehoben und in das neue Gesetz eingestellt, das Vormundschaftsgericht abgeschafft und das "große Familiengericht" eingeführt.

Unter den Begriff der freiwilligen Gerichtsbarkeit, den der Gesetzgeber beibehalten hat, fallen - nach wie vor - unterschiedliche Verfahren nämlich die Verfahren in Betreuungs- und Unterbringungssachen (Buch 3), in Nachlass- und Teilungssachen (Buch 4), in Registersachen (Buch 5), in weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Buch 6), in Freiheitsentziehungssachen (Buch 7) und in Aufgebotssachen (Buch 8).

Nach Art. 111 des FGG-Reformgesetzes sind auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden.

Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes beantragt wurde.

Im Hinblick auf diese Übergangsregelungen, wird sich die Rechtspraxis jahrelang mit zwei unterschiedlichen Verfahren beschäftigen müssen. Das gilt für das familiengerichtliche Verfahren (des 6. Buches der ZPO) gleichermaßen wie für das Verfahren nach dem Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG).

Nachlass- und Teilungssachen

Das neue FamFG bringt in den Nachlass- und Teilungssachen keine umwälzenden Änderungen, sondern behält weitgehend die bewährte Regelung des bisher geltenden FGG bei. Die gewohnten Paragrafen finden sich indes an anderer Stelle, was zu neuem Lernen nötigt. Inhaltlich wurden größtenteils die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze kodifiziert.

Eine wesentliche Änderung zum bisherigen Recht ergibt sich aus der Geltung des Buchs 1 (Allgemeiner Teil) auch für die Nachlass- und Teilungssachen. Auf diese Weise werden die bisherigen Vorschriften des FGG an die Systematik des FamFG angepasst. Das führt insbesondere bei den Rechtsmitteln und beim Instanzenzug zu erheblichen Änderungen.

Die Neuregelung der Nachlass- und Teilungssachen selbst ist eng an die bisher geltenden Bestimmungen der §§ 73ff. FGG angelehnt und in der Sache sind lediglich geringfügige Änderungen eingebracht:

  • die Vorschriften über die amtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen (§§ 2258a, 2258b, 2270 BGB) sind über die §§ 82a, 82b FGG (Personenstandsreformgesetz vom 19.02.2007; BGBl. I S 122ff.) in die §§ 346 und 347 FamFG überführt worden;
  • die Vorschriften über die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen (§§ 2260 bis 2262, 2263a, 2264 und 2273 BGB) und in den §§ 348 bis 351 FamFG überführt;
  • im Erbscheinsverfahren ist der Vorbescheid abgeschafft worden, § 352 Abs. 2 FamFG;
  • die Zuständigkeit für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung ist in Anlehnung an die Rechtsprechung erweitert worden (§ 346 Abs. 7 FamFG);
  • der Beteiligtenbegriff des Allgemeinen Teils wird in § 345 FamFG ergänzt.

§ 342 Begriffsbestimmung

(1) Nachlasssachen sind Verfahren, die

  1. die besondere amtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen,
  2. die Sicherung des Nachlasses einschließlich Nachlasspflegschaften,
  3. die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen,
  4. die Ermittlung der Erben,
  5. die Entgegennahme von Erklärungen, die nach gesetzlicher Vorschrift dem Nachlassgericht gegenüber abzugeben sind,
  6. Erbscheine, Testamentsvollstreckerzeugnisse und sonstige vom Nachlassgericht zu erteilende Zeugnisse,
  7. die Testamentsvollstreckung,
  8. die Nachlassverwaltung sowie
  9. sonstige den Nachlassgerichten durch Gesetz zugewiesene Aufgaben betreffen.

(2) Teilungssachen sind

  1. die Aufgaben, die Gerichte nach diesem Buch bei der Auseinandersetzung eines Nachlasses und des Gesamtguts zu erledigen haben, nachdem eine eheliche, lebenspartnerschaftliche oder fortgesetzte Gütergemeinschaft beendet wurde, und
  2. Verfahren betreffend Zeugnisse über die Auseinandersetzung des Gesamtguts einer ehelichen, lebenspartnerschaftlichen oder fortgesetzten Gütergemeinschaft nach den §§ 36 und 37 der Grundbuchordnung sowie nach den §§ 42 und 74 der Schiffsregisterordnung.

Im bisher geltenden Recht wurde auf eine Begriffsbestimmung gänzlich verzichtet. § 342 FamFG bestimmt, für welche Verfahren im Einzelnen die Verfahrensvorschriften des Buch 4 des FamFG gelten.

§ 342 Abs. 1 FamFG enthält in Nummern 1 bis 8 eine Aufzählung der wichtigsten Verfahrensgegenstände in Nachlasssachen. Daneben zählen zu den Nachlasssachen eine Vielzahl von Einzelaufgaben, die durch Gesetz den Nachlassgerichten zugewiesen sind (Nummer 9 „sonstige den Nachlassgerichten durch Gesetz zugewiesene Aufgaben“). Hierzu gehören zum Beispiel (BT-Drucks. 16/6308 S. 622)

  • die Fristbestimmung bei Vermächtnissen und Auflagen (§§ 2151, 2153 bis 2155, 2192, 2193 BGB),
  • die Stundung des Pflichtteilsanspruchs (§ 2331a BGB),
  • Aufgaben im Zusammenhang mit der Inventarerrichtung (§§ 1993ff BGB),
  • der Anzeige über den Eintritt der Nacherbschaft (§ 2146 BGB) und
  • die Anzeige vom Erbschaftskauf (§§ 2384, 2385 BGB).

§ 342 Abs. 2 FamFG definiert den Begriff der Teilungssachen. Gemäß Nummer 1 sind Teilungssachen die nach den §§ 363 bis 373 von den Gerichten zu erledigenden Aufgaben bei der Auseinandersetzung eines Nachlasses oder des Gesamtgutes nach Beendigung einer ehelichen, lebenspartnerschaftlichen oder fortgesetzten Gütergemeinschaft.

Zu den Teilungssachen zählen weiterhin gemäß Nummer 2 die Verfahren zur Erteilung von Zeugnissen über die Auseinandersetzung des Gesamtguts einer beendeten ehelichen, lebenspartnerschaftlichen und fortgesetzten Gütergemeinschaft nach den §§ 36 und 37 der Grundbuchordnung sowie den §§ 42 und 74 der Schiffsregisterordnung (SchRegO) bzw. deren Einziehung oder Kraftloserklärung.

Hinweis

Den vollständigen Beitrag zum neuen Nachlassverfahrensrecht finden Sie im Praxishandbuch Erbrecht, 76. Aktualisierungslieferung, erscheint im Juni 2009.

Quelle: Uwe Gottwald, Vors. Richter am LG Koblenz, - Vorabveröffentlichung, Auszug aus Praxishandbuch Erbrecht, 76. AL, Juni 2009 vom 17.03.09