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Erbrecht -

Formelle Anforderungen an Zusätze zu einem handschriftlichen Testament

OLG München, Beschl. v. 13.09.2011 - 31 Wx 298/11

Auch Zusätze zu handschriftlichen Testamenten müssen mit einer Unterschrift versehen werden. Zum Nachweis der Errichtung und des Inhalts eines nicht mehr urkundlich vorhandenen Testaments reichen bloße Äußerungen des Testierenden gegenüber Zeugen nicht aus.

Darum geht es:

Der im Juni 2010 verstorbene Erblasser war in zweiter Ehe seit Ende März 2009 mit der Beteiligten zu 1 verheiratet. Er hinterließ vier Kinder aus erster Ehe, die Beteiligten zu 2 bis 5.

Im einzig vorliegenden handschriftlichen Testament testierte er wie folgt:

„Testament*: Ich setze zu meiner alleinigen unbeschränkten Erbin meine Lebenspartnerin (=Beteiligte zu 1), gleichwohl ob und wieviele Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind."

Er versah das Testament mit Ort, Datum (01.02.2007) und Unterschrift. Unter der Unterschrift setzte er ohne weitere Unterschrift Folgendes hinzu:

„Voraussetzung: (Die Beteiligte zu 1) hat das gleiche Testament für mich geschrieben."

Danach folgt lediglich eine Orts- und Datumsangabe (17.12.2007). Auf der Rückseite wird ebenfalls ohne Unterschrift vermerkt:

„Das Testament ist zur Zeit nicht gültig. Bis heute 05.03.07 hat meine Lebensgefährtin kein Testament - wie ich es verfasst* habe - umgekehrt geschrieben."

Die Ehefrau des Erblassers beantragte, gestützt auf das Testament, einen Erbschein als Alleinerbin. Sie ist der Ansicht, dass die beiden Zusätze wegen der fehlenden Unterschrift formunwirksam sind. Zudem legte sie ein auf den 01.07.2007 datiertes eigenes handschriftliches Testament vor, in dem sie den Erblasser als Alleinerben einsetzte.

Die Kinder sind der Meinung, dass sich die Unterschrift, insbesondere durch den Verweis mittels Sternchen, auch auf die Zusätze bezieht. Im Übrigen sei der Erblasser testierunfähig gewesen. Er erlitt Ende 2006 einen Schlaganfall und wurde Ende 2008 wegen einer schweren Depression und eines Suizidversuchs stationär behandelt. Zudem wurde von einem der Kinder die Anfechtung des Testaments wegen Irrtums und Drohung erklärt. Des Weiteren habe der Erblasser gegenüber den Kindern mehrmals mündlich erwähnt, dass er in einem Testament die Kinder als Erben eingesetzt habe, doch habe die Ehefrau dieses Testament aus Wut wieder zerrissen.

Der beantragte Erbschein wurde vom Nachlassgericht bewilligt. Die Kinder des Erblassers legten hiergegen Beschwerde ein.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des OLG München sind beide Zusätze wegen der fehlenden Unterschrift formunwirksam.

Das Testament kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Erbeinsetzung nur unter der Bedingung der Errichtung eines gleichlautenden Testaments durch die Ehefrau erfolgen sollte. Denn für die Auslegung eines Testaments ist der wirkliche Wille des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung maßgebend. Bei der Erbeinsetzung am 01.02.2007 ist ein Wille zur bedingten Erbeinsetzung jedoch nicht erkennbar. Der am 17.02.2007 verfasste Zusatz weist nur darauf hin, dass er zu diesem Zeitpunkt und wohl eben gerade nicht zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an eine bedingte Erbeinsetzung gedacht hat.

In den Zusätzen ist auch kein teilweiser Widerruf des Testaments zu sehen. Denn ein Widerruf erfolgt gem. § 2255 Satz 1 BGB dadurch, dass der Erblasser die Testamentsurkunde vernichtet oder Veränderungen an ihr vornimmt, durch die der Wille, die schriftliche Willenserklärung aufzuheben, ausgedrückt wird. Die Zusätze stellen hier lediglich Ergänzungen dar. Aus ihnen ergibt sich kein Aufhebungswille.

Für eine Aufhebung des Testaments durch ein späteres inhaltlich abweichendes Testament sind ebenfalls keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. Grundsätzlich kann der Inhalt eines urschriftlich nicht mehr vorhandenen Testaments auch mit Hilfe anderer Beweismittel als dem Testament selbst dargelegt werden. Allerdings ist hierfür der Nachweis zu erbringen, dass der Erblasser ein formgültiges rechtswirksames Testament mit dem behaupteten Inhalt tatsächlich errichtet hatte. Diesen Nachweis konnten die beweispflichtigen Kinder nicht erbringen.

Auch die Anfechtung des Testaments wegen Irrtum oder Drohung greift nicht durch. Letztendlich gibt es auch keine konkreten Hinweise auf eine Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Die schwere Depression setzte nachweislich erst nach der Errichtung des Testaments ein.

Folgerungen aus der Entscheidung:

eben der fehlenden Handschriftlichkeit ist die vergessene Unterschrift der wohl häufigste Grund für ein formunwirksames und damit gem. § 125 Satz 1 BGB nichtiges Testament. Obwohl die Rechtsprechung und auch der Gesetzgeber die formellen Anforderungen an ein handschriftliches Testament immer weiter verringert haben, ist eine Vielzahl von Testamenten formunwirksam.

Gemäß § 2247 BGB muss ein nicht notariell beurkundetes Testament eigenhändig geschrieben und am Schluss der Urkunde unterschrieben werden. Die Unterschrift ist zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit und soll die Urheberschaft, die Ernsthaftigkeit und die räumliche Abgeschlossenheit des Testaments sicherstellen. Daher müssen Zusätze zum Testament nochmals unterschrieben werden. Nur so entfaltet der zusätzlich erklärte Wille auch seine Wirksamkeit.

Praxishinweis:

Es kommt immer wieder vor, dass Personen ihre Erbenstellung auf ein nicht mehr vorhandenes bzw. nicht mehr auffindbares Testament stützen. Dies ist grundsätzlich möglich.

Derjenige, der behauptet, aufgrund eines verlorengegangen Testaments Erbe geworden zu sein, ist dann jedoch für dessen Errichtung und Inhalt beweispflichtig. Kann von einer Testamentserrichtung nur vom Hörensagen berichtet werden, reicht das in aller Regel nicht aus. Es müssen konkrete Anhaltspunkte, wie z.B. die Kopie eines Testaments dargelegt werden. Ein Zeuge sollte das Testament zumindest gesehen haben.

Quelle: RA Ralf Mangold - Entscheidungsbesprechung vom 17.11.11