Erbrecht -

Nachweis der Erbfolge bei der Grundbuchberichtigung durch den Testamentsvollstrecker

OLG München, Beschl. v. 27.05.2011 – 34 Wx 93/11

Auch für den Antrag eines Testamentsvollstreckers auf Berichtigung eines Grundbucheintrags ist zum Nachweis der Erbfolge ein Erbschein notwendig.

Darum geht es:

Der Erblasser war zu 50/100 im Grundbuch als Miteigentümer eines Grundstücks eingetragen. Er wurde nach den gegenüber dem Grundbuchamt gemachten Angaben von vier Personen zu jeweils 1/4 beerbt. Als Testamentsvollstrecker wurden die Beteiligten zu 1 und 2 eingesetzt.

Mit Erklärung vom 17.11.2010 gaben die beiden Testamentsvollstrecker, der Beteiligte zu 1 persönlich und der Beteiligte zu 2 – vertreten durch eine Miterbin aufgrund Vollmacht vom 02.07.2004 –, den Grundbesitz unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der beantragten Berichtigung im Grundbuch frei. Sie bewilligten und beantragten die Eintragung der vier Personen in Erbengemeinschaft als Eigentümer des hälftigen Grundbesitzes und überließen diesen der Erbengemeinschaft.

Das Grundbuchamt machte mit Zwischenverfügung vom 05.01.2011 unter Fristsetzung auf folgende zwei Eintragungshindernisse aufmerksam:

  1. Die Vollmacht vom 02.07.2004 umfasse nur die Vertretung bei Vereinbarungen zur Erbauseinandersetzung und bei der Übertragung von in den Nachlass fallenden Grundbesitz oder Grundbesitz-Miteigentumsanteilen an die Erben oder Vermächtnisnehmer; nicht dagegen die Überlassung des Grundbesitzes zur freien Verfügung. Das Grundbuchamt regt eine Genehmigung der Erklärung vom 17.11.2010 des Beteiligten zu 1 an.
  2. Der in der Nachlassakte befindliche Erbschein sei nur für Handelsregisterzwecke erteilt worden. Er kann damit nicht Grundlage für die Eintragung der Erben im Grundbuch sein. Das Grundbuchamt regt daher die Beantragung eines Erbscheins an.


Hiergegen wendete der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 28.01.2011 ein:
Der Vollmachtgeber könnte im Wege einer authentischen Interpretation bestätigen, dass die Vollmacht auch die Freigabe des Grundbesitzes an die Erben zur freien Verfügung umfassen sollte.

Für die Berichtigung des Grundbuchs sei kein Erbschein erforderlich. Das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers sei umfassend. Wenn der Testamentsvollstrecker gem. § 2217 BGB in den Nachlass fallenden Grundbesitz an die Erben zur freien Verfügung gibt, sei die Überlassung lediglich in der Form des § 29 Abs. 1 GBO zu erklären. Da das Grundbuchamt nicht zu prüfen habe, ob die Überlassung des Grundbesitzes an die Erben für den Testamentsvollstrecker pflichtgemäß ist, sei darüber hinaus nicht der Nachweis der Erbfolge durch einen Erbschein notwendig.
Die Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Erben sei ein rechtliches Minus zur Übertragung von Grundbesitz auf Dritte. Wenn der Testamentsvollstrecker allerdings für die Übertragung auf Dritte keinen Erbschein benötigt, dann erst recht nicht für die Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Erben.

Selbst wenn das Grundbuchamt einen Erbschein wegen § 35 GBO für erforderlich hält, würde der beschränkt auf Handelsregisterzwecke erteilte Erbschein zum Nachweis der Erbenstellung ausreichen.

Mit Schreiben vom 22.02.2011 hat der Beteiligte zu 1 für sich und den Beteiligten zu 2 ausdrücklich Beschwerde erhoben und klargestellt, dass er schon mit Schreiben vom 28.01.2011 Rechtsmittel eingelegt hatte.

Das Grundbuchamt hat unter Bezug auf die Zwischenverfügung nicht abgeholfen.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist zulässig.
Das OLG legt den Antrag zunächst dahingehend aus, dass die Eintragung der Erben nach Freigabe außerhalb des Grundbuchs ohne Testamentsvollstreckervermerk begehrt wird. Diese Auslegung ist notwendig, da gem. § 52 GBO mit einer Eintragung der Erben ins Grundbuch grundsätzlich die Eintragung des Testamentsvollstreckers von Amts wegen einhergehen würde.

Die Beschwerde ist hinsichtlich Ziffer 1 der Zwischenverfügung jedoch nicht begründet.
Die Vollmacht vom 02.07.2004 ist für eine Berichtigungsbewilligung nicht ausreichend. In der Vollmacht werden abschließend einzelne Rechtsgeschäfte aufgezählt. Die Überlassung des Grundbesitzes zur freien Verfügung und die daran anschließende Antragstellung zur Grundbuchberichtigung sind nicht erwähnt. Zudem ist die Freigabe i.S.d. § 2217 BGB ein einseitiges abstrakt dingliches Rechtsgeschäft, durch das der Testamentsvollstrecker seine Verwaltungs- und Verfügungsgewalt am frei gewordenen Gegenstand verliert. Die Vollmacht dagegen umfasst durch den Begriff „Übertragung“ einen die dingliche Lage ändernden zweiseitigen Rechtsakt. Die Freigabe ist daher von der Vollmacht nicht umfasst.

Die Begründetheit der Beschwerde hinsichtlich Ziffer 2 der Zwischenverfügung ergibt sich aus dem Umstand, dass ein Erbschein, der für Handelsregisterzwecke erteilt wurde, den Beweiswert für Zwecke des Grundbuchs nicht schmälert. Die wegen § 35 GBO grundsätzlich notwendige Vorlage des Erbscheins kann auch durch eine Verweisung auf die den Erbschein enthaltende Nachlassakte desselben Amtsgerichts ersetzt werden. Ein Erbschein kann nicht durch ein Testamentsvollstreckerzeugnis und die Erklärung des Testamentsvollstreckers ersetzt werden. Insbesondere ist eine Grundbuchberichtigung kein Minus zur Verfügung über ein Grundstück, sondern ein aliud (vgl. OLG Köln, Beschluss v. 01.07.1992 – 2 Wx 23/92).

Quelle: RA Ralf Mangold - vom 26.09.11