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Verkehrsrecht -

Abgasskandal: Verwaltungsgericht erklärt Thermofenster für unzulässig

Das Verwaltungsgericht Schleswig hat auf Klage der Deutschen Umwelthilfe entschieden, dass die Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt für verschiedene Modelle des VW-Golf mit dem Motortyp EA 189 rechtswidrig war. Das Gericht verneinte eine konkrete Gefahr für Motor und Betriebssicherheit, die nach dem EuGH ausnahmsweise eine Zulassung von Abschalteinrichtungen wie dem Thermofenster ermöglicht.

Darum geht es

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hatte dem EuGH zuvor verschiedene Fragen zur Auslegung europäischen Rechts vorgelegt. 

Mit Urteil vom 08.11.2022 (Az. C-873/19) hat der EuGH daraufhin entschieden, dass der Deutsche Umwelthilfe e.V. zum einen zur Anfechtung der Genehmigung befugt ist und dass zum anderen eine Abschalteinrichtung wie die Thermofenster nur ausnahmsweise zugelassen werden darf, wenn sie zur Vermeidung einer schweren Gefahr für den Motor und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs notwendig ist. 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat nach mündlicher Verhandlung entschieden, dass eine im Jahr 2016 durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgte Freigabe für verschiedene Modelle des VW Golf Plus TDI mit dem Motortyp EA 189 rechtswidrig war. 

Die Kammer hat eine schwere Gefahr für den Motor und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs verneint. Die Rechtsprechung des EuGH betone, dass es um ein unmittelbares Risiko für den Motor gehen müsse. 

Die Beklagte und die dem Rechtsstreit beigeladene Volkswagen AG hätten technische Probleme anderer Bauteile ihrer Fahrzeuge dargelegt, die zunächst aber nicht direkt den Motor betreffen würden. Eine konkrete Gefahr für den sicheren Betrieb ergebe sich aus diesen nicht.

Die Freigabe habe nicht erfolgen dürfen, da es sich bei der Verwendung eines sog. Thermofensters bei der Abgasrückführung um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. 

Daneben handele es sich auch bei der „Taxi-Schaltung“, die nach 900 Sekunden im Stand die Abgasrückführung reduziert, sowie bei der ab einer Höhe von 1000 m reduzierten Abgasrückführung um unzulässige Abschalteinrichtungen.

Das Kraftfahrt-Bundesamt ist im Falle der Rechtskraft des Urteils verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur Herstellung rechtmäßiger Zustände zu ergreifen. Der Deutsche Umwelthilfe e.V. habe nach Auffassung der Kammer jedoch keinen Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme. 

Die ausformulierten Urteilsgründe liegen derzeit noch nicht vor. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. 

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Berufung zum Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht sowie die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. 

Die Rechtsmittel können binnen eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urt. v. 20.02.2023 - 3 A 113/18

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Pressemitteilung v. 21.02.2023

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