Verkehrsrecht -

Reiseversicherung: Wann ist die Reise abgebrochen?

Das Amtsgericht München hat einer Reisenden, die wegen eines Skiunfalls ihren Urlaub abbrechen musste, einen zusätzlichen Zahlungsanspruch gegen ihre Versicherung zugesprochen. Demnach führte nicht erst die Abreise zum Reiseabbruch, sondern bereits der Unfall. Von einem Reiseabbruch ist nach dem Gericht auszugehen, wenn der weitere Aufenthalt v.a. dem Warten auf die Abreise dient. 

Darum geht es

Eine Familie aus Schwaben buchte für den 10.02. bis 17.02.2024 einen Skiurlaub in Österreich für sieben Nächte für 150 € pro Übernachtung für jeden der Erwachsenen und 90 € pro Nacht für die Tochter.

Im Vorfeld der Buchung hatten die Reisenden eine Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherung bei einer Versicherung aus München abgeschlossen. Nach dieser hieß es u.a.:

„Müssen Sie aus einem [...] versicherten Ereignis die Reise vorzeitig abbrechen, erstatten wir den kompletten Reisepreis bei Abbruch der Reise innerhalb der ersten Hälfte der versicherten Reise […] bis zur Höhe des versicherten Reisepreises.“

Am 12.02.2024 erlitt die Mutter einen Skiunfall mit Kreuzbandriss im linken Knie. Sie wurde am selben Tag vor Ort im Krankenhaus aufgenommen und am 13.02. operiert. 

Bei der Entlassung am 14.02. ordneten die Ärzte für den Heimtransport vom Urlaubsort Beinhochlagerung an. 

Die Reisende kontaktierte daraufhin ihre Versicherung wegen des Rücktransports. Diese stellte ihr für den Rücktransport den 16.02. in Aussicht. Die Reisende verblieb daher bis zum Rücktransport am 16.02. im Hotel. Am 16.02 reiste schließlich die gesamte Familie ab.

Zu Hause verlangte die Reisende von der Versicherung die Erstattung des vollen Reisepreises für alle Reisenden und weiterer Kosten wie Skipässe in Höhe von 753 €. 

Die beklagte Versicherung war hingegen der Auffassung, dass die Reise nicht in der ersten Hälfte abgebrochen worden sei, sondern erst mit Rückreise am 16.02. und erstatte lediglich einen Teilbetrag in Höhe von 390 €.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht München der Klägerin in weiten Teilen Recht und verurteilte die beklagte Versicherung zur Zahlung von 1.836 €. 

Entgegen der Vorstellung der Beklagten führt demnach nicht erst Abreise zu einem Reiseabbruch, sondern führte bereits der Skiunfall.

Der Vertrag definiere als Voraussetzung für den Versicherungsschutz nicht den „Reiseabbruch“, sondern, dass durch Eintritt eines versicherten Ereignisses die Reiseunfähigkeit zu erwarten ist. „Reiseabbruch“ bedeute demnach nur, die Reise nicht mehr planmäßig fortzusetzen.

Dies führe dazu, dass auch dann von Reiseabbruch auszugehen sei, wenn der Aufenthalt maßgeblich dem Warten auf die Abreise dient. Dies gelte insbesondere dann, wenn  - wie hier - ein versichertes Ereignis eintritt, das die Reise in deren Sinnhaftigkeit beendet, aber bis zum Vollzug des Reiseendes noch Organisation erforderlich ist.

Das Gericht hat neben den Hotelkosten für die Ehefrau auch Ersatz für die Hotelkosten des Ehemanns zugesprochen, da nach dem klägerischen Vortrag eine Fortführung der Reise auch für ihn unzumutbar war.

Zu berücksichtigen sei, dass die Verletzung immerhin eine Operation nötig machte und der einer Ehe zugrundeliegender rechtliche Wert der einer Solidargemeinschaft ist, die sich gerade in Zeiten von Hilfe- und Zuwendungsbedarf zeige.

Entsprechend sei es objektiv unzumutbar, den Ehemann darauf zu verweisen, er möge, statt im Krankenhaus zu warten, weiter Skifahren gehen.

Bezüglich der Hotelkosten der Tochter hat das Gericht die Klage jedoch abgewiesen, da hier trotz gerichtlichen Hinweises nicht substantiiert zur Frage, welche Auswirkungen der Unfall auf die Durchführung der Reise für die Tochter hatte, vorgetragen worden war. 

Ebenso war eine Erstattung der Skipässe nach den Bedingungen der Beklagten nach dem Gericht ausgeschlossen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 24.02.2025 - 132 C 23372/24

Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 08.12.2025

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