Zwangsvollstreckung -

DAV fordert Nachbesserung bei Reform der Verbraucherinsolvenz

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) begrüßt grundsätzlich die Initiative der Bundesregierung, die Verbraucherinsolvenz zu reformieren. Allerdings müsse es Nachbesserungen geben.

So sei der neue vorläufige Treuhänder häufig nicht erforderlich und die vorgesehene Vergütung verfassungsrechtlich bedenklich. Die Beteiligung völlig mittelloser Schuldner an den Verfahrenskosten sei unsozial. Darüber hinaus brauche eine sinnvolle Verbraucherentschuldung weiterhin eine sowohl öffentliche als auch anwaltliche Schuldnerberatung, deren finanzielle Absicherung zu klären ist.

Der aktuell leichte Rückgang der Verbraucherinsolvenzen ist nach Ansicht des DAV allein auf eine Reduzierung des Beratungsangebotes zurückzuführen, nicht auf eine tatsächliche bessere Situation der Bevölkerung. Schuldnerberatung ist auch eine anwaltliche Tätigkeit. Der Anteil der von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbereiteten Verfahren ergab für 2006 einen Anteil von 46,7 % im Vergleich zu einem Anteil von 40,1 % der Schuldnerberatungsstellen.

„Eine fundierte oder auch nachhaltige Verbraucherentschuldung, die sowohl den berechtigten Gläubigerinteressen, den Interessen der Schuldner und vor allem auch den öffentlichen Interessen gerecht wird, kann es zum Nulltarif nicht geben“, betont Rechtsanwalt Kai Henning, Mitglied des DAV-Insolvenzrechtsausschusses. Eine angemessene Treuhändervergütung sei daher ebenso erforderlich wie eine dem Aufwand entsprechende Vergütung des anwaltlichen Beraters des Schuldners.

Die Figur des neuen vorläufigen Treuhänders ist in seiner Ausgestaltung dem Insolvenzrecht fremd. Bislang sollten Verwalter und Treuhänder neutrale, unabhängige Sachverwalter des Vermögens sein. Nunmehr wird der vorläufige Treuhänder mit Aufgaben betraut, die seine Neutralität beseitigen und bislang eher von Schuldnerberatungsstellen wahrgenommen wurden.

„Ohne anwaltliche Schuldnerberatung ist daher ein zumindest halbwegs zufrieden stellendes Beratungs- und Vertretungsangebot für überschuldete Familien und Einzelpersonen überhaupt nicht mehr sicherzustellen“, so Henning weiter.

Im Einzelnen:

  • Die vorgesehene Vergütung des vorläufigen Treuhänders hält der DAV für unzureichend. Die beabsichtigten und erhofften Einsparungen durch eine Vereinfachung des Verfahrens soll allein auf Kosten der hier tätigen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte erreicht werden. Künftig wird damit die Anwaltschaft nicht bereit und wirtschaftlich auch gar nicht in der Lage sein, Treuhänderschaften für eine solch niedrige Vergütung zu übernehmen. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung schon einmal die Mindestvergütung der Insolvenzverwalter/Treuhänder in diesen Verfahren für verfassungswidrig niedrig erklärt und eine Heraufsetzung durch den Gesetzgeber bewirkt (Beschluss vom 15.01.2004, AZ: IX ZB 96/03).

Der DAV schlägt einen schlanken Verfahrensablauf vor, bei dem anwaltliche Mitarbeit durch die Erstellung von Sachverständigengutachten, notfalls mittels vorläufigen Treuhänder, oder die Tätigkeit als Insolvenzverwalter oder Treuhänder stattfindet, die dann aber auch angemessen vergütet wird.

  • Eine Beteiligung völlig mittelloser Schuldner an den Verfahrenskosten ist verfassungswidrig und unsozial.

Eine Kostenbeteiligung jedes Schuldners hält der DAV für verfassungsrechtlich bedenklich. Personen, die lediglich über das sozialrechtliche Existenzminimum verfügen, sind bei berechtigtem Interesse nach unserer Rechtsordnung von Gerichtsgebühren freizustellen. Eine maßvolle Kostenbeteiligung des Schuldners ist erst dann angebracht, wenn die Einkommensgrenze der Beratungs- und Prozesskostenhilfe erreicht wird.

  • Die Notwendigkeit eines ausreichenden Beratungsangebotes der Schuldnerberatungsstellen und Rechtsanwälte:

Anwaltliche Schuldnerberatung wird im Gesetzentwurf kaum erwähnt, während die Bedeutung der öffentlichen Schuldnerberatungen wiederholt betont wird. Damit verkennt der Entwurf nach Ansicht des DAV die tatsächliche Situation von öffentlicher und anwaltlicher Schuldnerberatung in Deutschland. Es gibt in Deutschland kein flächendeckendes Netz öffentlicher Schuldnerberatungsstellen, das den Beratungsbedarf der ca. 7 Mio Überschuldeten auch nur annähernd decken könnte. Die Wohlfahrtsverbände sind schon seit längerem nicht mehr in der Lage, Sozialberatung aus Eigenmitteln, z. B. aus Kirchensteuermitteln, zu finanzieren.

Auch wird der hohe Anteil der anwaltlichen Tätigkeit in Höhe von 46,7 % im Jahre 2006 im Vergleich zu 40,1 % der Schuldnerberatungsstellen verkannt.

Der aktuell vermeldete leichte Rückgang der eröffneten Verbraucherinsolvenzen ist allein auf eine Reduzierung des Beratungsangebotes zurückzuführen. Die zuständigen Amtsgerichte bewilligen in den Verbraucherinsolvenzen allerdings aus Kostengründen immer seltener Beratungshilfe. Dies hat zu einem spürbaren Rückgang anwaltlicher Hilfe für völlig mittellose Mandanten und damit auch zu diesem leichten Rückgang der gerichtlichen Verbraucherinsolvenzen geführt.

Hier können Sie die Vorabfassung des Gesetzentwurfs von der Website des Deutschen Bundestags herunterladen.

Quelle: DAV - Pressemitteilung vom 14.02.08