Zwangsvollstreckung -

Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Arbeitslosengeld u. -hilfe

Die am 18.06.1994 in Kraft getretene Neufassung des § 54 SGB I hat bewirkt, dass Ansprüche auf laufende Geldleistungen auch aus Zahlungstiteln, die nicht auf Unterhaltsleistung gerichtet sind, wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können, ohne dass noch zu prüfen wäre, ob die Pfändung der Billigkeit entspricht oder ob der Vollstreckungsschuldner durch die Pfändung hilfebedürftig wird (Behr in JurBüro 94, 521).

Bezüglich laufender Geldleistungen mit Lohnersatzfunktion gelten also die Regeln der Lohnpfändung. Dies gilt auch für laufende Geldleistungen ohne Lohnersatzfunktion wie z.B. das Wohngeld. Der Wohngeldanspruch fällt nicht unter § 54 Abs. 3 SGB I und ist somit nach § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen pfändbar (LG Neubrandenburg in Rpfleger 2000, 284, LG Leipzig in Rpfleger 2000, 341, LG Ellwangen in JurBüro 2001, 111).

Sämtliche Ansprüche sind uneingeschränkt pfändbar. Wie bei der Pfändung von Arbeitseinkommen, ist das Bestehen sowie die Höhe der zu pfändenden Forderung vom Gläubiger nicht nachzuweisen. Vielmehr findet lediglich eine eingeschränkte Schlüssigkeitsprüfung statt. Die Richtigkeit des Gläubigervortrags unterstellt, muss die begehrte Forderung gemäß § 851 ZPO pfändbar sein. Die Pfändung ist auch dann zulässig, wenn die zu pfändende Sozialleistung gegenwärtig erkennbar unter der Freigrenze des § 850 c ZPO liegt. Die Pfändung kann nicht abgelehnt werden. Durch die Anhebung der Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO zum 01.07.2005 ist sichergestellt, dass eine Sozialhilfebedürftigkeit nicht eintreten kann, wenn der Schuldner entsprechende Anträge stellt. Die Antragstellung ist ihm zuzumuten.

Bei den ggf. zu erwartenden Verfahren nach § 850 f ZPO ist zu beachten, dass eine völlige Freistellung von der Pfändung nicht möglich ist, da dem Schuldner nach dem Gesetzeswortlauf nur „ein Teil seines pfändbaren Einkommens“ zu belassen ist. Eine völlige Freistellung ist nur über das Verfahren nach § 765 a ZPO in Ausnahmefällen möglich.

Im Verfahren nach § 850 f Abs. 1 ZPO ist eine Ermessensentscheidung zu treffen. Der Schuldner hat bezüglich seiner Sozialhilfebedürftigkeit eine Urkundennachweispflicht (Hornung in Rpfleger 92, 335). Vorzulegen ist eine sog. „Garantiebescheinigung" des örtlich zuständigen Sozialamtes. Sie muss spezifiziert sein und ist vom Vollstreckungsgericht nachzuprüfen. Schließlich ist der Gläubiger zu hören und seine überwiegenden Belange sind zu berücksichtigen. Eine Anhörung des Schuldners verbietet sich im Hinblick auf § 834 ZPO. Auch eine Antragsanhörung entfällt mangels Notwendigkeit einer Billigkeitsprüfung.

Weil laufende Geldleistungen, insbesondere Renten, Krankengeld, Arbeitslosengeld „wie Arbeitseinkommen" gepfändet werden können, sind auch die Vorratspfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO und die Dauerpfändung nach § 832 ZPO zulässig.

Bezieht der Schuldner neben dem Arbeitslosengeld oder der Arbeitslosenhilfe noch Arbeitseinkommen und/oder Wohngeld, so sind die Ansprüche nach § 850 e Nr. 2 a ZPO auf Antrag zusammenzurechnen (Behr in JurBüro 96, 234)

Drittschuldner ist der Direktor des Arbeitsamtes, welches über den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe entscheidet oder entschieden hat (§ 334 SGB III).

Quelle: Bürovorsteher Detlev Schönemann, Würzburg - Beitrag vom 11.05.09