Baurecht -

Empfehlungen des 2. Deutschen Baugerichtstags

Am 13./14.06.2008 fand in Hamm/Westfalen der 2. Deutsche Baugerichtstag statt. Hierbei haben rund 600 Fachleute intensiv und auf hohem Niveau aktuelle Streitthemen des Bau- und Vergaberechts erörtert.

Während ihrer zweitägigen Beratungen in sechs Arbeitskreisen unter Mitwirkung hochkarätiger Arbeitskreisleiter und Referenten haben die Teilnehmer folgende wichtige Empfehlungen für aktuelle und zukünftige Gesetzgebungsvorhaben erarbeitet und ausgesprochen:

Arbeitskreis I – Bauvertragsrecht

Leitung: Vorsitzender Richter am OLG Karl-Heinz Keldungs/Düsseldorf
Thema:  Empfiehlt sich eine gesetzliche Regelung für Nachträge?
Empfehlungen:

  • Einführung eines gesetzlichen Bauvertragsrechts einschließlich der Regelung von Nachträgen;
  • getrennte Regelung für geänderte und zusätzliche Leistungen;
  • gesetzliche Regelung zum Anordnungsrecht des AG, wobei dieses durch das Kriterium der Zumutbarkeit zu begrenzen ist, jedoch nicht durch das Kriterium der Erforderlichkeit;
  • Erstreckung dieses Anordnungsrechts auf zeitliche Anordnungen, nicht jedoch auf Beschleunigungsmaßnahmen.


Arbeitskreis II – Vergaberecht

Leitung: Ministerialdirektor  Michael Halstenberg/Berlin
Thema:  Empfehlen sich Regelungen zur verzögerten Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen?
Empfehlungen:

  • Das Risiko von zeitlichen und preislichen Veränderungen bei verzögerter Vergabe ist grundsätzlich dem öffentlichen Auftraggeber zuzuordnen;
  • hierfür besteht ein rechtlicher Regelungsbedarf, wobei dieser vorzugsweise im Bereich des Vergaberechts gesucht werden sollte.


Arbeitskreis III – Bauprozessrecht

Leitung:  Prof. Dr. Reinhard Greger/Erlangen-Nürnberg
Thema:  Empfiehlt sich eine gesetzliche Regelung der gerichtlichen Mediation?
Empfehlungen:

  • Von der Mediation sollte verstärkt Gebrauch gemacht werden und zwar in erster Linie vor Erhebung einer Klage; die Vorzüge der Mediation sollen jedoch auch in bereits anhängigen Gerichtsverfahren zum Tragen gebracht werden;
  • die Möglichkeit einer gerichtsinternen Mediation sollte in der ZPO ausdrücklich geregelt werden;
  • für eine gesetzliche Regelung sollten insbesondere das Zeugnisverweigerungsrecht des Mediators und der Schutz der Vertraulichkeit des Mediationsgespräches, ferner der Ausschluss des Mediationsrichters im zugrundeliegenden Rechtstreit festgesetzt werden;
  • auf einheitliche Standards bei der Qualifizierung der Mediationsrichter (Aus- und Weiterbildung) ist hinzuwirken.


Arbeitskreis IV – Architekten und Ingenieurrecht

Leitung:  Rechtsanwalt Peter Oppler/München
Empfehlungen:

  • Der Spielraum der Dienstleistungsrichtlinie für Preisregelungen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses ist auszuschöpfen, um auch zukünftig die Versorgung der Verbraucher/Dienstleistungsempfänger mit qualitativ hochwertigen Architekten- und Ingenieurleistungen sicherzustellen;
  • die Abrechnung auf der Grundlage nur einer einzigen Kostenermittlung wird begrüßt, allerdings scheint die Kostenschätzung ungeeignet. Das im Referentenentwurf vorgesehene Baukostenvereinbarungsmodell wird abgelehnt;
  • die Beibehaltung von Honorarzonenregelungen wird als notwendig angesehen;
  • die Beschränkung des Regelungsumfangs auf die Leistungsphasen 1 5 wird abgelehnt;
  • eindeutige Regelungen zur Honorierung von Leistungs-/Bauzeitänderungen sind erforderlich;
  • es sind ausdrückliche Regelungen in der HOAI für Leistungen beim Bauen im Bestand vorzusehen;
  • die bisherige Regelung des § 8 Abs. 2 HOAI für Abschlagszahlungen ist beizubehalten;
  • eine eigenständige Regelung über die Fälligkeit der Schlusszahlung ist erforderlich.


Arbeitskreis V – Sachverständigenrecht

Leitung:  Dipl.-Ing. Werner Seifert/Würzburg
Thema:  Empfehlen sich gesetzliche Vorschriften über die Beauftragung und Anleitung des gerichtlichen Sachverständigen im Zivilprozessrecht (Gemeinschaftsgutachten; Bauteilöffnung; Vorbereitung der Anhörung in einer mündlichen Verhandlung)?
Empfehlungen:

  • Von einer Änderung des § 404 Abs. 1 Satz 2 ZPO dahin gehend, dass das Prozessgericht ermächtigt ist, eine Sachverständigengruppe zu beauftragen, deren Mitglieder berechtigt sind, die Beantwortung der Beweisfrage eigenverantwortlich untereinander aufzuteilen, wird abgeraten;
  • ein Sachverständiger soll nicht verpflichtet sein, Eingriffe in Sachen selbst oder durch Dritte vorzunehmen;
  • § 411 ZPO ist nicht dahin gehend zu ergänzen, dass der Antrag einer Partei auf mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens die Begründung enthalten muss oder soll, welche Abänderungen/Erläuterungen/Ergänzungen des Gutachtens begehrt werden.


Arbeitskreis VI – Außergerichtliche Streitbeilegung

Leitung:  Rechtsanwalt Dr. Alfons Schulze/Hagen-Mannheim
Thema:  Empfehlen sich gesetzliche Regelungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung im Bauprozess durch Adjudikationsverfahren?
Empfehlungen:

  • Eine gesetzliche Regelung zur gerichtlichen Streitbeilegung in allen Bausachen durch Adjudikationsverfahren sollte eingeführt werden, sofern keine Verbraucher beteiligt sind;
  • das Verfahren ist auf Antrag einer Partei durchzuführen, die Vertragspartner können das Verfahren jedoch einvernehmlich abbedingen;
  • die Adjudikation soll folgende Elemente enthalten: Bauerfahrene Dritte sollen auf¬grund einer summarischen Sachverhalts- und Rechtsprüfung innerhalb kürzester Fristen mit vorläufiger Bindungswirkung, aber korrigierbar durch staatliche Gerichte bzw. ein Schiedsgericht zu einer Entscheidung kommen.


Schlusshinweise:

Zum Abschluss der Veranstaltung wies Herr Präsident Prof. Dr. Kniffka darauf hin, dass vom Deutschen Baugerichtstag gegenwärtig Überlegungen angestellt werden, weitere Arbeitskreise zu gründen, so einen Arbeitskreis „Öffentliches Baurecht“ und einen weiteren Arbeitskreis „Verbraucherrecht“.

Auch der 3. Deutsche Baugerichtstag soll in Hamm/Westfalen stattfinden und zwar am 07./08. Mai 2010.

Die vollständigen Empfehlungen des 2. Deutschen Baugerichtstages in vollem Wortlaut sind abrufbar unter www.baugerichtstag.de.

Quelle: Rechtsanwalt Prof. Dr. Dieter Kainz - Beitrag vom 09.09.08