Baurecht -

Wohnnutzung und faktisches Kerngebiet

Bei einer mehr als unerheblichen Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks scheidet die Annahme eines faktischen Kerngebiets aus. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht aus der Regelungssystematik des § 7 BauNVO abgeleitet. Im Streitfall war ein Bauvorbescheid beantragt worden, um ein Geschäftsgebäude in einer Innenstadt als Spielhalle nutzen zu können. 

Darum geht es

Die Klägerin begehrt einen Bauvorbescheid für die Nutzung eines Geschäftsgebäudes in der Innenstadt der Beklagten als Spielhalle. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, der Widerspruch blieb erfolglos. 

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat der Klage gestützt auf § 34 Abs. 1 BauGB stattgegeben (Urt. v. 03.12.2020  2 A 404/18). 

Die Berufung der Beklagten hat das OVG Lüneburg zurückgewiesen (Urt. v. 14.12.2023 - 1 LC 11/21). Das Vorhaben sei nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO als Vergnügungsstätte zulässig. 

Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem Kerngebiet im Sinne von § 7 BauNVO. Die nicht unerhebliche, aber noch untergeordnete Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks stehe dieser Einordnung nicht entgegen, obwohl sie im vorhandenen Umfang nur aufgrund von Festsetzungen in einem Bebauungsplan zulässig wäre.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. 

Demnach scheidet bei einer mehr als unerheblichen Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks die Annahme eines faktischen Kerngebiets aus. 

Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass ein faktisches Kerngebiet auch bei einer nicht unerheblichen Wohnnutzung vorliegt, steht mit der Regelungssystematik der Baunutzungsverordnung und § 7 BauNVO nicht in Einklang. 

Die Verweisung in § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB auf die §§ 2 ff. BauNVO findet dort eine Grenze, wo die Baunutzungsverordnung eine planerische Entscheidung der Gemeinde vorsieht. 

Der Verordnungsgeber hat die Entscheidung darüber, ob die sonstige Wohnnutzung in einem Kerngebiet über Ausnahmen hinausgehen darf, der Gemeinde überlassen (§ 7 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 4 BauNVO). 

Dieser Planvorbehalt darf bei der Einordnung als faktisches Kerngebiet nicht übergangen werden. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

BVerwG, Urt. v. 20.05.2025 - 4 C 2.24 

Quelle: BVerwG, Pressemitteilung v. 20.05.2025

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