Baurecht -

Kein Primärrechtschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte

Die Beschränkung des Primärrechtsschutzes gegen Vergabeentscheidungen unterhalb der EU-Schwellenwerte ist zulässig.

Das Bundesverfassungsgericht stellt in seiner Entscheidung u.a. folgende Leitsätze auf: Die in der Rechtsordnung dem übergangenen Konkurrenten eingeräumten Möglichkeiten des Rechtsschutzes gegen Entscheidungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge mit Auftragssummen unterhalb der Schwellenwerte genügen den Anforderungen des Justizgewährungsanspruchs. Es verletzt nicht den Gleichheitssatz, dass der Gesetzgeber den Rechtsschutz gegen Vergabeentscheidungen unterhalb der Schwellenwerte anders gestaltet hat als den gegen Vergabeentscheidungen, die die Schwellenwerte übersteigen.

Das Bundesverfassungsgericht stellt einleitend klar, dass jeder Bieter gemäß Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch auf eine faire Chance auf den Zuschlag ohne willkürliche Ungleichbehandlung hat. Eine Abweichung hiervon kann eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG bedeuten; insofern verfügt jeder Bieter über ein subjektives Recht, für das effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gewährleistet werden muss.

Dieser effektive Rechtsschutz wird nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts durch das bestehende GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) gewahrt. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet, einen Primärrechtsschutz im Vergaberecht zu schaffen. Die Beschränkung auf Sekundärrechtsschutz, also Schadensersatz- oder Feststellungsklage, liegt im gesetzesgeberischen Gestaltungsspielraum.

Die vorhandene Ungleichbehandlung zwischen Auftragsvergaben oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte ist durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Die Wirtschaftlichkeit des Beschaffungswesens und die mit einem Primärrechtsschutz verbundenen Verfahrenskosten und Missbrauchsmöglichkeiten sowie die Erfüllung öffentlicher Aufgaben sind sachliche Gründe für eine Zweiteilung des Vergaberechts nach Maßgabe der Schwellenwerte.

Angesichts dieser Entscheidung ist eine Änderung des GWB nicht zwingend erforderlich. Eine gesetzliche Regelung des Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte scheint jedoch im Hinblick auf die Vielzahl der zivil- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren in jedem Fall zweckmäßig.

Quelle: BVerfG - Beschluss vom 13.06.06