Familienrecht -

Ausbildungsunterhalt nach Abbruch eines Studiums

OLG Naumburg
Beschl. v. 12.01.2010 – 8 WF 274/09

Darum geht es:
Die bereits volljährige Klägerin brach ihr Studium nach dem zweiten Semester ab. Im Anschluss daran bewarb sie sich - zunächst zehn Monate erfolglos - um einen Ausbildungsplatz. Für diesen Zeitraum begehrte die Klägerin von Ihren Eltern Unterhalt (§§ 1601 ff. BGB).
Außer Streit stand dabei, dass das Studium nicht den Neigungen der Klägerin entsprach und der Wechsel erfolgen musste und angesichts der der Klägerin zuzubilligenden Orientierungsphase auch nicht zu beanstanden war (vgl. dazu Palandt/Diederichsen, BGB, 69. Auflage, § 1610 Rdnr. 21 m.w.N.).

Das Familiengericht (AG Aschersleben vom 19.10.2009 - 14 F 239/09) hatte der Klägerin den Unterhaltsanspruch mit der Begründung versagt, dass Ausbildungsunterhalt nur während einer Ausbildung geschuldet werde; eine solche habe die Klägerin während der streitigen Zeit aber gerade nicht absolviert, sondern vielmehr gesucht. Das Oberlandesgericht gab der Klägerin Recht und sprach ihr den Anspruch auf den streitigen Unterhalt gem. § 1610 Abs. 2 BGB zu.

Wesentliche Entscheidungsgründe:
Es sei zu berücksichtigen, dass ein unterhaltspflichtiger Elternteil nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen müsse. Dies gelte auch dann, wenn das Kind die Verzögerungen – wie im Fall der Klägerin – durch ein „vorübergehendes leichtes Versagen“ selbst verursacht habe.

Erst wenn ein Kind seine Obliegenheit, die von ihm angestrebte Ausbildung zielstrebig und planvoll aufzunehmen und durchzuführen, "nachhaltig" verletze, müsse es selbst für seinen Unterhalt aufkommen. Denn nur dann entspreche sein Verhalten nicht mehr dem unterhaltsrechtlichen Gegenseitigkeitsprinzip, nach dem ein Kind auf die Belange des unterhaltspflichtigen Elternteils Rücksicht zu nehmen habe.

Indem sich die Klägerin während der streitigen Zeit aber immer wieder – und letztlich mit Erfolg - um Ausbildungsplätze in dem von ihr ins Auge gefassten Berufsfeld bemühte, habe sie ihre Ausbildungsobliegenheit erfüllt. Erst wenn derartige Bemühungen gänzlich unterblieben, verletze ein Kind das unterhaltsrechtliche Gegenseitigkeitsprinzip.

Hinweis:
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von denjenigen Fällen, in denen ein volljähriges Kind - etwa bedingt durch einen numerus clausus - über längere Zeit auf einen Studienplatz warten muss und sich während der Wartezeit auch nicht um eine anderweitige Aneignung von berufswunschbezogenem Wissen bemüht. In derartigen Fällen besteht - vor Antritt der Berufsausbildung - kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt im Sinne von § 1610 Abs. 2 BGB.

Quelle: OLG Naumburg - Beschluss (8 WF 274/09) vom 12.01.10