Familienrecht -

Verfahrenskostenhilfe nach FamFG

Was unterscheidet die Verfahrenskostenhilfe nach dem seit 01.09.2009 geltenden FamFG von der Prozesskostenhilfe?

Bewilligungsverfahren
Gemäß § 77 Abs. 1 FamFG kann das Gericht den Beteiligten vor der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Gelegenheit zur Stellungnahme geben. In Antragsverfahren wird dieses Ermessen des Gerichts eingeschränkt. Demnach ist dem Antragsgegner in Antragsverfahren vor der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn dies nicht aus besonderen Gründen unzweckmäßig erscheint.


Beiordnung eines Rechtsanwalts
In Verfahren mit Anwaltszwang besteht auch weiterhin ein Beiordnungszwang (§ 78 Abs. 1 FamFG). Die Vorschrift ist mit § 121 ZPO deckungsgleich. In Verfahren ohne Anwaltszwang wird dem Beteiligten auf Antrag ein Rechtsanwalt beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 78 Abs. 2 FamFG). Die Erforderlichkeit der Beiordnung ist nach objektiven Aspekten zu beurteilen. Ausschließlich maßgeblich für die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage. Unerheblich ist die Schwere des Eingriffs in die Rechte des Beteiligten. In den herkömmlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch nicht bereits deshalb geboten, weil ein anderer Beteiligter anwaltlich vertreten ist.

Für das FGG-Verfahren war dies bislang streitig. Der Gesetzgeber ist jedoch der Auffassung, dass die Chancengleichheit in Verfahren mit Amtsermittlungsgrundsatz bereits dadurch gewährleistet sei, dass der Richter von Amts wegen zur Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sei. Ob sich diese Annahme bewahrheitet, wird die Zukunft zeigen.

Für die herkömmlichen zivilprozessualen Verfahren, also die Ehe- und Familienstreitsachen, gilt hingegen der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit (§ 121 Abs. 2 zweite Alternative ZPO). Danach ist dem Beteiligten ein Anwalt beizuordnen, wenn ein anderer Beteiligter anwaltlich vertreten ist.


Zuleitung der Angaben über Verfahrenskostenhilfe an den Antragsgegner
Anders als bisher kann das Gericht in allen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie den der ZPO unterliegenden Familienstreitverfahren Einkommensdaten des Beteiligten, der Verfahrenskostenhilfe beantragt, auch ohne dessen Zustimmung dem anderen Beteiligten zugänglich machen (§ 117 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F.). Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsgegner gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über die Einkünfte und das Vermögen des Antragstellers hat.

Einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Auskunft haben nach bürgerlichem Recht insb. Verwandte in gerader Linie (§ 1605 BGB), getrennt lebende Ehegatten gem. § 1361 Abs. 4 Satz 4 BGB i.V.m. § 1605 BGB und geschiedene Ehegatten gem. § 1580 BGB.

Zudem ist eine entsprechende Vorankündigung und die Gewährung rechtlichen Gehörs notwendig (§ 117 Abs. 2 Satz 3 ZPO n.F.). Diese Neuregelung dient der Verfahrensökonomie und Verfahrensbeschleunigung. In unterhalts- und güterrechtlichen Verfahren über die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe sollen – nach Willen des Gesetzgebers – Auskunfts- und Stufenklagen daher seltener vonnöten sein.

Quelle: Rechtsanwältin Dr. Elisabeth Unger - Auszug aus dem Praxisleitfaden zum FamFG vom 18.09.09