Kostenrecht -

Einstellung des Strafverfahrens und Abgabe an die Verwaltungsbehörde – zusätzliche Gebühr

Aufgrund der Einlassung des Verteidigers stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren ein und gab die Sache gemäß § 43 Abs.1 OWiG an die Verwaltungsbehörde ab. Für das Strafverfahren rechnete der Verteidiger unter anderem eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 RVG ab. Der Rechtsschutzversicherer weigerte sich, diese Gebühr zu übernehmen, da das Verfahren nicht endgültig erledigt sondern als Bußgeldverfahren fortgesetzt worden sei.

Das AG hat den Versicherer antragsgemäß verurteilt.Nach der Entscheidung Strafverfahren entsteht die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG auch dann, wenn das Strafverfahren nicht "nur vorläufig" eingestellt wird sondern an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung eines Bußgeldverfahrens abgegeben wird.

Aus den Urteilsgründen:

Die Einstellung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist keine ,, nur vorläufige Einstellung“ des Verfahrens im Sinne der Nr. 4141 VV RVG, wenn die Staatsanwaltschaft die Sache gemäß § 43 Abs. 1 OWiG an die Verwaltungsbehörde abgibt. Das Strafverfahren ist damit jedenfalls aus Sicht der Staatsanwaltschaft endgültig erledigt.

Bei einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und einem sich nach dessen Einstellung anschließenden Bußgeldverfahren handelt es sich nicht nur um ,,verschiedenen Angelegenheiten“ im Sinne des RVG § 17 Nr. 10, sondern auch um zwei verschiedene Verfahren. Nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift Nr. 4141 VV RVG kann es auf die mit der Einstellung des Ermittlungsverfahren bereits entstandene Gebühr keinen Einfluss mehr haben, wenn sich an dieses Verfahren dann noch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren vor der Verwaltungsbehörde anschließt. Der gegenteiligen Auffassung des AG München, das sich weder mit der herrschenden Meinung noch mit den Argumenten auseinandergesetzt hat kann nicht gefolgt werden.

Praxishinweis:

Wird das anschließende Bußgeldverfahren später als nicht nur vorläufig eingestellt oder wird doch der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück genommen, kann in diesem Verfahren wiederum eine zusätzliche Gebühr entstehen, diesmal nach Nr. 5115 VV RVG.

Beipiel:

Das Strafverfahren wir aufgrund der Einlassung des Verteidigers eingestellt. Daraufhin wird ein Bußgeldverfahren (drohendes Bußgeld 50,00 €) eingeleitet und später ebenfalls eingestellt.

I. Strafverfahren

Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG165,00 €
Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG 140,00 €
zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141, 4106 VV RVG 140,00 €
Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
465,00 €
19 % Ust. Nr. 7008 VV RVG 88,35 €
Gesamt 553,35 €

2. Bußgeldverfahren

Verfahrensgebühr Nr. 5101 VV RVG 135,00 €
zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115, 5101 VV RVG 135,00 €
Postentgeltpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Zwischensumme 290,00 €
19 % Ust. Nr. 7008 VV RVG 55,10 €
Gesamt 345,10 €

Sowohl im Strafverfahren als auch im Bußgeldverfahren entsteht jeweils eine zusätzliche Gebühr. Lediglich die Grundgebühr kann im Bußgeldverfahren nicht erneut anfallen, weil dieselbe Handlung zugrunde liegt, wie in dem vorangegangenen Strafverfahren (Anmerkung zu 5100 VV RVG).

Quelle: Rechtsanwalt Dr. Ulrich Prutsch - Beitrag vom 26.02.08