Kostenrecht -

Fachhochschule muss einer Studentin die Kosten für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erstatten

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hatte darüber zu entscheiden, ob sich eine Studentin in einem Streit mit der Fachhochschule Wiesbaden über die Bewertung ihrer Diplomprüfung eines Rechtsanwalts bedienen durfte und die Kosten hierfür ersetzt bekommt.

Die Studentin des Diplomstudiengangs „Versicherungsmanagement / Financial Services“ hatte im April 2007 ihre Diplomarbeit dem Prüfungsausschuss der Fachhochschule vorgelegt, der die Arbeit als Plagiat einstufte und mit der Note „nicht ausreichend (Note 5)“ bewertete. Die Studentin habe Satzteile eines Aufsatzes wörtlich in ihre Diplomarbeit übernommen, ohne diese als Zitat zu kennzeichnen. Sie habe die Verwendung des Aufsatzes lediglich ihren Ausführungen vorangestellt.

Die Studentin legte über ihren Rechtsanwalt gegen die Bewertung der Prüfung Widerspruch ein und beantragte eine vollständige Neubewertung der Diplomarbeit. Die Studentin habe das nunmehr beanstandete Verhalten mit dem Erstkorrektor und Prüfer mehrfach besprochen und sie sei letztlich seinem Vorschlag gefolgt, den Verweis auf die einzige Veröffentlichung zum Thema ihrer Diplomarbeit hinter den ersten Satz ihrer Arbeit anzubringen.

Es sei eilig über die Neubewertung der Diplomarbeit zu entscheiden, da die Studentin unter Vorbehalt bereits ein neues Thema für eine Wiederholungsarbeit angenommen habe. Wenn die umstrittene Diplomarbeit neu zu bewerten sei, sei es unverhältnismäßig, sie erneut eine Diplomarbeit schreiben zu lassen. Auf Drängen des Rechtsanwalts wurde die Studentin unter Vorbehalt zur mündlichen Prüfung zugelassen.

Die Fachhochschule Wiesbaden hob sodann mit Widerspruchsbescheid vom Juli 2007 die beanstandete Bewertung der Diplomarbeit auf und bewertete sie unter Außerachtlassung des Plagiatvorwurfes neu. Allerdings sei die Inanspruchnahme eines Bevollmächtigten nicht notwendig gewesen. Die Studentin habe selbst aufgrund ihres gehobenen Bildungsstands darlegen können, ob sie abgeschrieben habe oder nicht. Hiergegen erhob die Studentin Klage vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden.

Der Vorsitzende der 6.Kammer gab nun der Klage der Studentin mit Urteil vom 18.01.2008 statt und erachtete die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Streitverfahren mit der Fachhochschule Wiesbaden für notwendig.

Die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sei anzuerkennen, wenn sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht rechtskundigen Partei für erforderlich gehalten werden durfte und dem Beteiligten nicht zumutbar war, das Verfahren selbst zu führen. Die Klägerin sei keine Juristin und habe sich als Prüfling einem erheblichen Vorwurf ausgesetzt gesehen. Dies umso mehr, als der Vorwurf des Plagiats von dem Erst- und Zweitkorrektor ohne jeglichen vorherigen Hinweis erhoben worden sei. Sie habe sich zwingend eines rechtlichen Beistandes bedienen müssen, der in der Lage gewesen sei, diesen unhaltbaren Vorwurf sachlich und ohne weitere „Ausfälle“ gegenüber der Fachhochschule zu klären.

Auch sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin aufgrund der Prüfungsordnung dem Zwang ausgesetzt gewesen sei, gleichzeitig ein Thema für eine erneute Diplomarbeit zu wählen und sich gegen die haltlosen Vorwürfe zu wehren und zu verteidigen. Das Gericht habe den Eindruck, dass nur durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts eine zügige Behandlung und Klärung des Sachverhalts und eine weitere Durchführung der Diplomarbeit gewährleistet gewesen sei.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Im Wortlaut § 80 Abs. 2 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz:
„Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war.“

Quelle: VG Wiesbaden - Pressemitteilung Nr. 01/2008 vom 18.02.08